Geboren: 07.05.1990
Gestorben: 14.08.2012
Tja, wie fängt man so eine Seite jetzt an..
Wenn man sie überhaupt anfängt. Aber ich möchte es machen. Ich werde einfach drauf los schreiben. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich vergesse sonst alles...
Sie war mein kleines Raffaello… 1,60 m groß und ein Fliegenschimmel. Als ich sie zum ersten mal sah, war sie grau-schwarz und nicht unbedingt das, was ich mir auf den ersten Blick ausgesucht hätte. Aber ich hatte großes Glück, dass sie mich trotzdem gefunden und behalten hat.
Als ich 15 war lernte ich sie in meinem alten "Händlerstall" kennen und bekam sie kurze Zeit später als Reitbeteiligung. Ein Jahr lang cruisten wir mit ihrem Reitponykumpel Nero und meiner Freundin Astrid zusammen durch Feld, Wald und Wiese. Antaris war mit ihren 5 Jahren erstaunlich abgeklärt und man konnte so manchen Fez mit ihr machen. Obwohl ich auch öfter mal unfreiwillig abgestiegen bin.. denn war sie zwar manchmal etwas tranfunselig und faul, so konnte sie doch auch Gas geben und eine Energie entfalten, man nicht in ihr Vermutet hätte.
Möglicherweise ließen sich diese Ausbrüche, die ich noch bis vor zwei Jahren hin und wieder aussitzen musste, auf ihre Abstammung zurückführen.
Väterlicherseits ließ sie sich über ihren Papa Apoll auf den Trakehner Abglanz und mütterlicherseits auf den Holsteiner Matador zurückführen.
Glücklicherweise konnte Antaris, die ursprünglich als Springpferd gezüchtet wurde, durch eine Verletzung am rechten hinteren Röhrbein nie richtig in den Sport einsteigen und wurde von ihrer Züchterin als Freizeitpferd verkauft. Sonst hätte ich sie wohl nie kennengelernt. Nach einem Jahr voller Freiheit und jugendlichem Leichtsinn bekam ich erneut (wie bei all meinen Pflegeponys) die Nachricht, dass Antaris verkauft werden sollte.
Ich konnte es nicht fassen.. schon wieder! Mir war nicht nur zum Heulen zu Mute, ich wäre am liebsten von einer Klippe gesprungen. Gott sei Dank gibt es die im Taunus nicht.
Nachdem Antaris Besitzer - dem auch Nero gehörte - uns eines Abends zu sich nachhause einlud, um "mit uns über die Pferde zu sprechen" stolperten wir also mit zittrigen Beinen in seine Wohnung und nahmen im Wohnzimmer auf der Couch platz. Er erklärte uns den Grund seiner Entscheidung und warum er diesen Schritt tun musste. Dann tat er etwas, mit dem ich zwar gerechnet hatte, aber das ich doch bis dahin für unmöglich gehalten hatte. Er bot uns die Pferde zum Freundschaftspreis an. Astrid sollte ihren Nero für 250 DM haben und ich Antaris für 500 DM. Natürlich freute ich mich innerlich, aber ich wusste auch, dass der Kaufpreis nicht der ausschlaggebende Teil im Pferdekauf war, sondern die laufenden Kosten. Außerdem hielt ich es nicht für möglich, meine Eltern zum Kauf zu überreden. Mit noch weicheren Knien und mit Tränen hinter den Augen, die nur darauf wartetet, hervorgeschossen zu kommen, lief ich durch die Nacht nach hause zurück.
Ich dachte immer wieder "500 DM, dass müssen die einfach machen! Ich muss jetzt kämpfen, wenn ich nicht schon wieder ein Pferd verlieren will! Das müssen die einfach machen! Das ist so billig!" Also nahm ich mir vor, nicht sofort zu heulen, denn darauf würden sie nicht reagieren und es würde eher abschreckend wirken. Also klingelte ich mit zusammen gepressten Lippen, aber natürlich konnte ich keinen einzigen Satz sprechen, ohne direkt in Tränen auszubrechen. Alles schwirrte in meinem Kopf und ich fiel mit der Tür ins Haus "Der Werner will uns die Antaris für 500 Mark verkaufen!! Bitte! Ihr müsst das einfach machen! Nicht schon wieder ein Pferd, was verkauft wird!"
Noch dazu hatte er uns das Angebot gemacht, die zwei Pferde für je 150,- DM pro Monat im Stall eingestellt lassen zu können. Meine Mutter, die die Tür geöffnet hatte, beruhigte mich erst mal etwas und wir gingen gemeinsam zu meinem Vater ins Wohnzimmer. Ich erklärte ihm unter schluchzen, was vorgefallen war und zählte die Pros auf. Zum Beispiel, dass der "Öko-Doc" einer Einstellerin gesagt hatte, Antaris und Nero könnten ohne Eisen barhuf gehen und uns damit schon mal der Hufschmied alle 6 Wochen für Eisen erspart bliebe.
Ich weiß nicht mehr so ganz, wie es dann weiterging, aber ich bin jedenfalls dann auf mein Zimmer gegangen und haben mir Fotos von ihr angeschaut und geheult. Eine Zeit lang betete ich zu Gott, dass er bitte meine Eltern nun endlich vernünftig werden lassen musste und verkroch mich dann in mein Bett. Plötzlich hörte ich meine Mutter die Treppen hoch kommen und anklopfen. "Jetzt" - dachte ich, "sagen sie mir, dass ich doch wieder ein neues Pferd finden werde und ich in meiner Ausbildung doch sowieso keine Zeit für ein Pferd habe".
"Also, ich hab noch mal mit dem Papa geredet und wir kaufen Dir die Antaris!"
Im ersten Augenblick überschlugen sich meine Gedanken und ich war mehr erschrocken als überrascht. Dann stieß ich "Oh Gott sei Dank!" aus und rannte zu meiner Mutter und umarmte sie "Danke! Danke! Danke, dass ihr sie mir kauft!" heulte ich. Meine Mutter tröstete mich und von mir fiel die ganze Angst ab und verwandelte sich in unglaubliche Freude!
Endlich sollte ich ein eigenes Pferd haben, auf dass ich so viele Jahre lang gewartet hatte und konnte noch dazu Antaris behalten, die sonst verkauft werden würde. Ich war so glücklich!
Auch Astrid durfte ihren Nero behalten. Mein Papa hatte nach dem Gespräch mit meiner Mutter mit Astrids Eltern telefoniert und sich ausgetauscht. Auch bei Astrid war es nicht großartig anders abgelaufen, als bei mir und nachdem ihr Papa meinem Papa gesagt hatte, dass Astrid Nero bekommen sollte, willigte auch mein Papa ein.
Ich telefonierte auch noch kurz mit Astrid und war der glücklichste Mensch auf der Welt. Antaris sollte für immer meine Freundin sein!
Knapp eine Woche später, während ich in England auf Abschlussfahrt meiner Realschulzeit war, unterschrieb meine Mutter den Kaufvertrag und als ich morgens von meinem Papa in der Schule abgeholt wurde, fuhren wir sofort zu Antaris und ich nahm sie in den Arm und drückte sie ganz fest.
Ich weiß noch, wie es sich angefühlt hat, ein eigenes Pferd zu haben. Niemand konnte es mir mehr wegnehmen und ich würde es mit Leib und Seele verteidigen, sollte es doch jemand versuchen! Eher würde ich hungern oder leiden, als dass es meinem Pferd an etwas fehlen sollte.
Im Winter sind meine Mama und ich morgens im Stockdunklen vor der Schule mit den sau-schweren Plastik-Wasserkanistern sogar den total gefrorenen Berg Richtung Stall gerutscht, damit die Pferde ihr Wasser hatten, weil die Leitung gefroren war. Mit dem Auto wären wir dort wahrscheinlich erst im Frühling wieder hoch gekommen..
Einmal hat uns spät Abends die Mutter einer Freundin angerufen, die neben dem Stall wohnte, weil sie ein klirrendes Geräusch gehört hätte und Antaris habe in ihrer Box getobt! Ich glaube, mein Papa ist dann runter gefahren und hat später erzählt, dass die Fensterscheibe des Oberlichts in Scherben auf dem Boden lag. Antaris war nichts anzumerken und so blieb das Fenster halt offen. Wir haben nie rausgefunden, wie es dazu kam..
Ich weiß noch, wie Antaris und ein paar Tage nach dem Kauf einen herben Schrecken eingejagt hat.. Damals stand sie noch unten im alten "Händlerstall" und wir holten sie ab und zu hoch auf die Weide an mein Elternhaus. Vom Fenster beobachteten wir sie bei Kaffee und Kuchen. Tanten und Omas zu besuch und plötzlich rief eine der Tanten, als das Thema grade bei Antaris war: "Och! Do unne rennts ja!".. "Moment", dachte ich! DA konnte sie garnicht rennen, denn diese Weide war eine Kuhkoppel und durch Stacheldraht von unserer Koppel abgezäunt!
Sofort liefen alle nach draußen und ich versuchte, Antrags wieder einzufangen. Sie hatte sich bei ihrem mächtigen Satz über den Zaun - der immerhin fast 1,50 hoch war - die Brust und den Bauch, sowie ihre alte Narbe am Hinterbein aufgerissen. Es blutete überall und wir waren sehr erschrocken. Der Tierarzt wurde gerufen und reinigte die Wunden.
Glücklicherweise waren es nur kleinere Schnitte, aber so kamen wir nach nur ein paar Tagen als Pferdebesitzer zu unserer ersten Tierarztrechnung.
Runtergefallen bin ich auch oft. Das spektakulärste Mal war wohl, als Astrid und ich im Herbst zusammen ausritten und wir die Talwiese galoppieren wollten. Sie war sooo lang, dass die Pferde sich richtig ausrennen konnten (total hingegebener Zügel) und irgendwann von selbst anhielten, weil sie nicht mehr konnten. Wir liebten solche Galopps und jeden Tag gab es mindestens einen davon, obwohl man sich doch auch immer etwas davor gefürchtet hatte.. Jugendlicher Leichtsinn würde ich sagen.. oder der Rausch der Geschwindigkeit.. wie mans nimmt..
Am Anfang der Wiese ging es jedoch ein bisschen einen Hang hinab und der hatte es immer in sich. Obwohl ich wusste, dass sie dort immer bockte, haben wir uns trotzdem immer getraut. Leider konnte ich sie zu dem Zeitpunkt noch nicht so kontrollieren, dass ich es hätte verhindern können. Aber im Nachhinein: Wer kann schon einem 5 oder 6jährigen Pferd (zu dem Zeitpunkt gehörten sie noch nicht uns..) verübeln, wenn es vor dem Renngalopp mal bockt?
Wir wollten also starten und mein Adrenalin-Spiegel war bereits voll in die Höhe geschossen, als Antaris den Bocksprung des Jahrhunderts vollführte und - wie sie es immer tat - mit voller Kraft nach vorne in die Höhe sprang und nach hinten Courbett-gleich ausschlug, so dass sich selbst die Lippizaner der Hofreitschule hinter ihren Pilaren verstecken mussten.
Später konnte ich diese Sprünge zwar aussitzen, auch mal zwei hintereinander, aber zu diesem Zeitpunkt war ich einfach noch nicht sattelfest genug. Astrid beschrieb uns später so: "Du hast voll in der Luft gesessen und mich mit offenem Mund angekuckt. Die Antaris war schon längst weg!"
Ich habe mir dabei glücklicherweise nicht besonders weg getan, obwohl ich tiefer fiel, weil wir ja am Hang standen. Aber die Wiese war ja auch weich und man zu dem Zeitpunkt noch recht biegsam..
Anti rannte also erst mal in die Gegenrichtung und Astrid wollte ihr mit Nero folgen. Blöderweise stieg sie ab. Nero war so ein durchtrainiertes Pony-Schlitzohr, dass als Turnierpony schon von einem Kind zum nächsten gereicht worden war und kannte alle tricks. So auch den, dass das kleine Menschlein völlig hilflos zurück blieb und nichts machen konnte, sobald es abstieg. Er hat also dann auch das Weite gesucht. Antaris Richtung hinterher.
Dummerweise wurde irgendwann vor vielen Jahren in dieser Richtung mal eine Landstrasse gebaut. Diese konnten wir zwar von unsrem Standpunkt aus nicht sehen, aber sie war dennoch in Hörweite. Astrid war verschwunden und ich rappelte mich grade auf, als ich mehrfach ein kreischendes Quetschen von dort hörte. Mir wurde so anders, dass könnt ihr aber glauben..
Ich hab trotz diverser blauer Flecken und geprellter Knochen die Beine in die Hand genommen und bin den Kilometer bis zur Strasse vor gerannt. Dort sah ich schon mein weißes Pferd mit fliegenden Bügeln und Zügeln auf dem Waldparkplatz hinter der Strasse her galoppieren. Zwischen Parkplatz und Strasse war ein ca. 20 Meter breiter Grünstreifen angelegt. Auf diesem Stand Nero und graste und lief immer so weit weiter, dass Astrid ihn nicht zu fassen bekam. Diverse Autos standen auf der Strasse und Menschen liefen in der Gegend rum. Einer davon war Astrids Mutter. Diese war in dem Moment mein Fels in der Brandung, denn ich rechnete schon mit den schlimmsten Strafen. Aber nachdem sie Astrid beim Einfangen von Nero geholfen hatte und ich Antaris holte, die inzwischen auf auf dem Grünstreifen graste, schickte sie die anderen Autofahrer mit einer dankenden Geste wieder zurück und hielt uns eine wirklich nur ganz kleine Standpauke, nachdem wir ihr erzählt hatten, wie es dazu gekommen war.
Wir hatten solches Glück gehabt und dass dann auch noch Astrids Mutter da war.. Sie war grade von der Arbeit nachhause gefahren..
Irgendwann bin ich auch noch mal vorwärts von Antaris gesegelt. Ich wollte mit Litla und Rindill nebeneinander galoppieren. Da hat sie sich vor irgendwas erschreckt (wahrscheinlich einem dunkelgrünen Grasbüschel.. wie so oft..) und hat während dem Start die Vollbremsung reingehauen. Ich bin dabei parademäßig schräg über die rechte Schulter geflogen und landete auf dem Po sitzend mit gespreizten Beinen vor ihr, den Zügel noch in der Hand. Hektisch rückwärts kriechend versuchte ich, nicht von ihr überrannt zu werden. Scheinbar war der Grasbüschel aber so furchteinflößend gewesen, dass sie so wie so nicht vorgehabt hatte, weiter zu rennen, denn sie blieb nach zwei-drei Metern stehen. Rindill hat mich damals total verdutz angeschaut. Scheinbar hatte er noch nie gesehen, wie ein Kumpel seine Fracht verloren hatte..
An manchen Tagen im Winter, wenn es uns zu kalt war oder zu spät und schon dunkel, ließen wir die Pferde in der Stallgasse frei laufen und übten Kunststückchen oder bei offener Tür in der Box stehen. Antaris konnte auf Fingerzeig Küsschen geben (auch fremden Leuten, wenn ich auf deren Wange zeigte) und mit dem Fuß "Hallo" sagen. So wie ein Hund Pfote gibt. Später konnte sie auch noch nicken. Meine Abfolge war immer "Guten Tag Antaris!" Ich hielt ihr die Hand hin und sie hab Fuß nach vorne "Möchtest Du mir ein Küsschen geben? Ich zeigte auf meine Wange und Antraris schnuddelte daran herum "Und jetzt möchtest Du bestimmt ein Leckerlie dafür?" Dabei beugte ich mich leicht nach vorne und Antaris streckte ihren Hals und nickte nach dem Leckerlie. Ich liebte diese kleinen Kunststücke, die ich ab und an anderen Leuten vorführte, die mit zu den Pferden kamen.
Vor dem Stall gab es eine große Wiese, die nicht eingezäunt war. Heute stehen dort Häuser und es laufen Strassen kreuz und quer drüber. Auf dieser Wiese haben wir die Pferde immer frei laufen lassen und sie durften dort fressen. Oft haben wir uns auch einfach auf ihre Rücken gesetzt und uns Schritt für Schritt beim Fressen über die Wiese tragen lassen und den ganzen Nachmittag dort verbracht, geredet und viel Quatsch gemacht - und falsch rum auf die Pferde gesetzt, versucht, wie ein Indianer aufzuspringen.. Weder Antaris oder Nero, noch Sissi oder Angie haben uns dabei je verletzt oder in eine brenzlige Situation gebracht. Nie sind sie weggelaufen oder haben gebissen oder getreten.
Außer einmal.. da hatte ich meinen Pflegehund Nic dabei. Er war den ganzen Tag nett so den Pferden und plötzlich, als eines lostrabte (ich glaube, es war Nero), rannte er hinterher und kläffte und sprang das Pferd an. Zu dem Zeitpunkt gehörten sie noch nicht uns und mir wurde angst und bange, als sie auf die einzige Lücke in der Häuserreihe zuraunten, die zur Strasse führte. So schnell konnte ich nicht rennen und mich ihnen in den Weg stellen, so schnell waren sie schon auf der Strasse und ich konnte nur noch den gehetzten Galopptakt der Hufeisen auf der Teerstrasse hören. Ich rannte, so schnell ich konnte den Berg parallel zur Strasse hinter den Häusern hoch und kam total außer Atem oben in unserer Strasse an. Keine Spur von den Pferden. Als ich weiter in Richtung Ortsinneres lief, kam mir plötzlich unser vier Jahre jüngerer Nachbar entgegen mit Antaris am Halfter und Astrid mit Nero. Er hatte sie kommen sehen und sich ihnen mit ausgebreiteten wedelnden Armen in den Weg gestellt. Wahnsinn, denn er war viel kleiner als ich, hatte noch nie was mit Pferden zu tun und es ist schon echt mutig, sich zwei durchgehenden Pferden vor die Nase zu stellen.. Als Werner davon erfuhr, wurde er zwar böse, aber eher auf Nic, als auf uns. Die Pferde würden immer so schön grasen und wenn der blöde Köter nicht gewesen wäre, wäre das nicht passiert. Ich solle ihn nicht mehr mit zu den Pferden bringen.. da hatten wir noch mal Glück gehabt. Es hätte auch anders für uns ausgehen können.
Bei unseren Pferden konnten wir aber in der Regel ganz alleine entscheiden, was wir tun oder lassen und wie wir unsre Zeit verbrachten. Es war herrlich, auf dem Rücken von Antaris zu liegen, die leichten Ruckelbewegungen beim Gras rupfen zu spüren und in den Himmel zu schauen.
Danke Antaris, für diese wunderbare Zeit mit einer wunderbaren Freundin!
Der erste Umzug…
Ein Jahr, nachdem wir sie übernommen hatten, kündigte uns der Vorbesitzer und Stallpächter die Box, da der Stall an einen neuen Eigentümer übergeben wurde und wir mussten umziehen. Da wir vorhatten unsre Pferde später am Haus zu halten, zogen wir vorübergehend in einen kleinen Pensionsstall auf einem Aussiedlerhof am Rande unseres Ortes.
Antaris Freundinnen Sissi und Angie waren schon eine Woche vorher umgezogen. Antaris und Nero sollten im zweiten Schwung folgen.
Antaris zog dort in eine kleine Gitterbox gegenüber von Nero.
Hier gab es einen kleinen Reitplatz und die Pferde wurden auf die Koppel und auch wieder reingebracht, sowie morgens gefüttert. Antaris war zu dem Zeitpunkt schon wesentlich heller und war ein richtiger Apfelschimmel geworden mit schwarzer Mähne und weiße/grauem Schweif. Sie sah wundervoll aus und meine Vorliebe für Schimmel und gefleckte Pferde hat vielleicht zu dem Zeitpunkt begonnen.
Hier oben haben wir gelernt alleine ausreiten zu gehen. Bisher war ja immer irgendwer mitgeritten. Da ich aber jetzt mein Fachabitur machte und zeitweise arbeiten war, konnte ich nicht immer Mittags reiten, wie meine jüngeren Freundinnen.
Also mussten wir das üben, denn der kleine Reitplatz wurde auf die Dauer doch langweilig. Stück für Stück sind wir vom Hof weg spaziert. Antaris hat oft gewiehert und wollte nicht weiter. Aber ich habe mich durchgesetzt und bin jedes Mal ein Stückchen weiter weg gegangen. Wenn der Punkt gekommen war, wo der Weg sich Richtung Stall schlängelte, stieg ich auf und konnte normal reiten. Auch diesen Zeitpunkt habe ich immer mehr verändert. Nach ein paar Wochen konnte ich am Hof aufsteigen und so lange wegbleiben wie ich wollte.
Abends haben wir im Winter ab und zu Freiheitsdressur im Dunkeln auf dem Platz gemacht. Das war toll. Ich bin losgerannt und Antaris ist mit mir gerannt und hat manchmal gebuckelt. Leider ging das meistens nur in Richtung Stall..
Einmal sind wir im Sommer zu dritt mit den Stuten runter ins Tal an den Bach gelaufen. Alle nur mit Halfter und einem Strick. Merle und Sissi, Alex und Angie und Anti und ich. Als wir dann nach dem Baden wieder hoch Richtung Stall reiten wollten, waren wir alle zu faul und ließen uns tragen. Merle und Sissi vorne weg, Alex und Angie zum Schluss und Antaris und ich in der Mitte. Plötzlich tänzelte Sissi und trabte an. Merle lachte und versuchte sie zu bremsen. Antaris ließ sich von der Hibbeligkeit anstecken und trippelte auch los. Da ich wusste, was jetzt kam und ich das auf keinen Fall aussitzen müssen wollte, reif ich Merle schon zu "Halt sie fest, sonst gehen die durch" aber es war schon zu spät. Angestachelt vom Nachhauseweg, den Bremsen und der hibbeligen Sissi preschten alle drei Pferde das Tal hoch. Ich hörte noch einen Schrei von Alex, aber die ich konnte mich nicht mehr umdrehen. Die Pferde rasten, als hinge ihr Leben davon ab. Wir oben drauf, ohne Sattel nur mit Halfter und ohne Strick. Zum Glück waren wir alle ziemlich sattelfest und Antaris hatte ihren Buckler diesmal ausgelassen. Trotzdem war es ein nicht weniger aufreibendes Erlebnis. Der bloße Pferderücken unter mir, der sich festmachte und zu einem Torpedo formte. Kaum halt auf dem glatten Fell, keine Mähne zum festhalten. Ich merkte nur, wie der Körper unter mir arbeitete und sich Meter um Meter vorwärts schob und immer schneller wurde. In diesen Momenten denkt man nur gegenwärtig. Ich war hochkonzentriert auf Boden, das Laufgefühl des Pferdes und mein Gleichgewicht. Da ich mich durch Festhalten an Antaris drei Haaren wahrscheinlich eher aus dem Gleichgewicht gebrachte hätte, habe ich den Strick als einzige Möglichkeit genutzt, meinen Körper nach vorne aufrecht zu halten und mich einfach mit weggestreckten Beinen auf Antaris ausbalanciert. Irgendwann würde sie schon wieder anhalten. Aber die drei Stuten nutzten das gesamte Tal und rannten bis fast unterhalb des Hofes. Als sie endlich langsamer wurden, war ich mit meinen Kräften total am Ende. Ich konnte nichtmal die letzten Galoppsprünge nutzen um sie endlich sofort durchzuparieren. Ich hing auf dem Pferd und ließ mich wortlos bis hoch an den Hof tragen. Mit zittrigen Beinen und total überanstrengten Muskeln rutschte ich von Antaris Rücken und band sie nur schnell fest. Dann musste ich mich erst einmal hinsetzen und gegen die Stallwand lehnen.. So einen wilden Galopp hatte ich gefühlt nie wieder. Ich glaube, nie war Antaris schneller vorgekommen, als an diesem Tag.
Im Winter sind wir auch immer viel ausgeritten. Als es ein ganz besonders kalter, eisiger, klarer, sonniger Tag war, wollten wir zu dritt (Angie, Sissi, Antaris, Alex, Merle und ich) "die Steppe" reiten. Diese Runde war bis dato unsere weiteste Runde (ca. 15km) und dauerte 3 1/2 Stunden. Nachdem wir losgeritten waren ging es uns noch gut. Wir waren wie immer ausgelassen und lachten und tratschten über alles und jeden. Nach und nach wurden aber alle stiller und die Köpfe zogen sich mehr in die Krägen zurück. Plötzlich sagte Alex "Boah, Leute, ich glaub, ich will umdrehen. Mir ist so sau-kalt, meine Hände sind schon ganz blau..!" Was waren wir alle froh, dass einer es ausgesprochen hatte! Keiner wollte es sagen und das "Weichei" sein, aber Alex Hände waren wirklich blau und so drehten wir dankbar um. Ich kann mich noch gut an das Gefühl meiner gefrorenen Schenkel und Füße erinnern..
Leider gab es dort in diesem Stall keine gute Stroh- und Heuqualität und bald bekam Antaris Husten, den wir mit Tees behandelten. Meistens ging er damit weg. Ab und zu aber eher unregelmäßig machten wir das Heu auch nass. Leider ging das nicht so konsequent durchzuziehen, da der Stallbesi morgens nie einweichte und den Pferden auch abends immer mehr Heu gab, als wir vor die Box legten. Es sei viel zu wenig, sagte er, als wir in drauf ansprachen..
Der zweite Umzug…
Während der Zeit im Pensionsstall hatte mein Papa zuhause neben meinem Elternhaus unermüdlich am alten Schafstall meines Opas rumgebaut und ihn zu einem Paddockboxenstall umrenoviert. Antaris konnte dann 1999 noch einmal umziehen. Da wir Anti und ihre Freundinnen im Sommer immer hier unten am entstehenden Stall auf der Weide hatten, war es keine Besonderheit für Antaris. Auch weiterhin stand sie mit den Stuten zusammen.
Im Juni kam dann das Pony meiner Schwester zu uns. Wir holten ihn in einer dreitägigen Reise aus Weddingsted bei Hamburg. Rindill war damals vier Jahre alt. Nachdem sich alle nach seiner zehnstündigen Fahrt am Zaun mit ihm bekannt gemacht hatten durften Rindill und Sissi schon am nächsten Tag zusammen auf die Weide. Sie schliefen beide auch sofort liegend nebeneinander. Dann durften Angie und Antaris zu Rindill.
So wie ich mich erinnern kann, war alles relativ harmlos und alle fügten sich gleich Rindills Autorität. Einmal jedoch haben sich Antaris und Rindill schwer gekloppt. Beide drückten ihre Hinterteile fest gegeneinander und versuchten, wieder und wieder sich mit den Hinterbeinen zu treffen. Dabei quietschten und schrieen sie unheimlich und irgendwann bin ich dann schreiend dazwischen.
Seit dem gab es eigentlich keine Auseinandersetzungen mehr, an die ich mich erinnern kann.
Irgendwann teilten sich die Wege von Merle, Alex, Astrid und mir und unser Kleeblatt gab es nicht mehr. Astrid hatte Nero in einen anderen Pensionsstall gestellt, Angie wurde verkauft und Merle war die einzige, die Sissi noch im Pensionsstall am Ortsrand stehen hatte.
Antaris war bereits komplett im Stall am Haus eingezogen und lebte eine Zeit lang mit Rindill vor sich hin. In der Zeit sind Felicia und ich viel zusammen ausgeritten und es war eine wunderbar ruhige Zeit, die ich mir schon oft zurück gesehnt habe.
Wir entdeckten neue Runden und gaben ihnen neue Namen, die bis heute so geblieben sind.
Außerdem begann in diesem Zeitraum die Zeit der Reitbeteiligungen. Pia, ein 10-jähriges Mädchen aus der Nachbarschaft, was schon öfter mit ihrer stillen Freundin Clara bei den Pferden zugeschaut hatte (die zwei standen immer an der Koppel, wenn wir von einem Ausritt zurück kamen und riefen "Hallo Julia, dürfen wir zugucken?" als sie uns sahen), übernahm nach einiger Zeit eine Reitbeteiligung an Rindill. Wie es genau kam, dass Pia Rindill und Clara Antaris bekommen hat, weiß ich garnicht mehr. Ich glaube, Pia war einfach öfter da und Rindill öfter unterbeschäftigt. Clara war auch erst sehr still und Rindill brauchte zu diesem Zeitpunkt jemanden, der im sagte, was er zu tun und nicht zu tun hatte. Da passte Pia einfach besser.
Aber Clara kam immer wieder mit und da sie so ruhig war ich nicht den Eindruck hatte, sie würde mit Pia irgendeinen Unsinn mit den Pferden veranstalten, durfte Clara sich auch ab und an um Antaris kümmern und sie putzen. Als ich dann für ein paar Tage in Urlaub war, übernahmen die zwei die komplette Pferdebetreuung. Nach meiner Rückkehr war ich so zufrieden, dass alles so toll geklappt hatte, dass Clara, die inzwischen zwar nicht weniger schweigsam, aber größer geworden war, Antaris auch als Reitbeteiligung übernehmen durfte.
So fing alles an. Clara und Pia ritten dann immer öfter auch größere Runden zusammen aus und Clara und Antaris wuchsen zu einem tollen Team zusammen, das besser nicht hätte passen können. Beide waren sich charakterlich sehr ähnlich und ich dachte mir oft, was für ein Glück es für beide war, dass es so gekommen war und nicht anders.
Clara und Pia waren absolut verlässlich und ich konnte ihnen unsere Pferde ohne auch nur einen Zweifel von heute auf morgen in die Hand drücken. Beide kannten sich genau aus und wussten, wie sie die Pferde versorgen mussten.
Clara blieb auch Antaris einzige Reitbeteiligung, während Rindills leider sehr oft wechselte, nachdem Pia ein eigenes Pferd bekommen hatte.
Diverse Wehwehchen…
Während der Zeit imIm ersten Winter in unserem Stall stellte sich plötzlich furchtbarer Husten ein. Wir behandelten wieder mit allen möglichen Tees und Salben und ich stellte das Reiten bald ein, da Antaris keine Luft mehr bekam. Nichts brachte jedoch Besserung. Auch die Tipps unsers "Öko-Doc" Herrn Röder, der uns immer mit allen Tricks der alten Stallmeister beiseite stand, halfen nicht.
Obwohl sie in einer Paddockbox stand, durch dessen Tür immer frische Luft in die Box drang und guter Stroh- und Heuqualität verschlimmerte sich der Husten und eines Nachts war es so schlimm, dass wir den Tierarzt holen mussten. Mama hatte sie immer im Wohnzimmer husten hören und konnte mich in dieser Nacht wecken. "Du musst mal nach der Antaris schauen, die hustet so schlimm!"
Ich kam also total schlaftrunken in den Stall und sah mein Pferd furchtbar nach Luft ziehen. Am Bauch bildete sich eine lange Rinne und sie keuchte, als "pfiffe sie auf dem letzten Loch". Sofort alarmierten wir den Tierarzt, weil sie sonst sicher erstickt wäre. In der Zeit bis dieser eintraf, massierte ich ihr die Kehle mit einem Griff, denn Herr Röder mir gezeigt hatte. So konnte ich wenigstens ihren Hustenreiz kurzzeitig lindern.
Als der Tierarzt kam, schlug er beide Hände über dem Kopf zusammen "Herrje, das Pferd ist hochgradig dämpfig! Wieso steht es noch auf Stroh? Und wieso lagert hier überhaupt direkt daneben so viel Heu???" Er spritze gleich Kortison und ordnete gleich eine sofortige Umstellung auf Späne und Heucops an, die wir in den nächsten Tagen in die Tat umsetzten. Der Husten besserte sich tatsächlich und nach einigen Wochen konnte ich wieder normal reiten.
Kurz darauf stellte sich dann ein furchtbar starker Durchfall ein. Schwarze verklebte Hinterbeine - vom After bis zur Hufkrone zogen sich auf jeder Seite zwei schwarte, nasse Streifen. Der nach ein paar Tagen hinzugezogene Tierarzt diagnostizierte "Kotwasser". Kot-was? Davon hatte ich noch nie etwas gehört. "Da kann man nichts machen. Das kann hunderte Ursachen haben!" war die niederschmetternde Antwort. Einige Tage beobachteten wir dann die ganze Sache. Antaris scharrte mit den Hufen und ihr Bauch blähte sich dick auf. Sie musste sehr viel Gas ablassen, immer begleitet von einem dast 2m langem Kotstrahl! Man sah ihr mehr als deutlich an, dass das nicht schmerzlos zuging. Der Tierarzt wurde also erneut gerufen. Er entnahm Blut- und Kotproben und testete auf alles mögliche. Nichts!
Ich war mehr als genervt und machte garnicht mehr so richtig auf die Weide und zum Stall gehen. Wir gaben prophylaktisch Wurmkuren gegen die gängigsten Würmer. Es änderte nichts. Auch portionierte Weiden oder langsamer Futterwechsel halfen nicht. Der Durchfall wurde noch schlimmer und Antrags litt zunehmend unter der Sache. Wir wechselten die Weide, da wir vermuteten, das raue, harte Gras könnte Schuld sein. Es besserte sich tatsächlich etwas. Aber es gab wie immer wieder Phasen, wo der schlimme Durchfall wieder kehrte. So schleppten wir uns durch den Sommer mit Waschen, waschen, waschen..
Im Winter wurde es wieder schlimmer. Da wir im Stall kein warmes Wasser hatten, kann man sich ja vorstellen, wie angenehm es war, vor jedem Ritt Schweif und Hinterhand zu waschen. Für Pferd und Mensch…
So ging es über drei Jahre. Wir forschten, fragten Züchter, Tierärzte, probierten alle möglichen Heilmittel aus, wie Milchpulver (für Kleinkinder), Kohletabletten, Bierhefe, Futterzusätze jeglicher Art, Homöopathie, wiederholten Blut- und Kotproben.. Ach! Und es half alles nicht! Ich war am Ende..
Ich war kurz davor, aufzugeben.
Eine neue Herde...
Es ergab sich, dass wir Antaris mit Bettinas Pferden zusammen stellen konnten. Ich kannte sie aus dem "Händlerstall" - sie war es, die damals den Kontakt mit Herrn Röder herstellte. Wir ritten Wochenends immer zusammen aus und wollten unsere Pferde jetzt im Sommer über die Weidezeit zusammen stellen. Bettina und Kalli hatten zwei Warmblüter - Coco und Wirbelwind - und die Haflingerstute Nelly für Bettinas Sohn Julian.
Kurz nach der Gewöhnung auf dem "Steinhügel" stellten wir die fünf Pferde zusammen und siehe da - ohne das auch nur irgendjemand damit gerechnet hatte - ein paar Tage nach dem Zusammenstellen waren die Hinterbeine samt Hinterbacken TROCKEN!!! Zum ersten mal seit 4 Jahren!!! Aber warum? Wir grübelten und grübelten und kamen zu dem Schluss, dass es irgendetwas Psychisches sein musste, da alles andere nicht angeschlagen hatte. Ich suchte also nach Präparaten, die die Nerven beruhigen sollten und fütterte im WInter Versuchsweise einige Proben. Ich bin bei Masterhorse Silence, einer Kräutermischung mit Baldrian, angekommen und fütterte das erfolgreich einige Jahre lang im Winter. Anscheinend war sie innerlich so aufgekratzt, dass sich alles auf die Verdauung übertrug und mit starken Durchfällen und Kotwasserproblemen einher ging. Lange hatten wir das Problem so im Griff und wenn ich heute so darüber nachdenke, hatte sie damals bestimmt schon Magengeschwüre.
Die Jahre von 2001 bis 2006 standen Antaris und Rindill immer mit Coco, Wirbel und Nelly zusammen auf den Weiden. Wir zogen wie Nomaden von Mai bis
tief in den November um unser Dorf und die Pferde grasten die Weiden meistens sogar zwei mal ab. Da gab es den "Steinhügel", die "Friedhofswiese", meine Sommerkoppel, die "Schreinerwiese", die
riesige Zeignerweide, die Sportplatzkoppel und die Stallaweide.
Antaris liebte Coco und Rindill wurde endlich mal in seine Schranken verwiesen. Am Wochenende ritten wir meistens zu fünft lange zusammen aus und kamen manchmal erst im Dunkeln zurück. Meistens war es eine lustige Zeit und ich denke heute gerne daran zurück.
Zu Anfang sind wir oft einfach ausgeritten. Manchmal jedoch gab es ein Highlight und wir haben etwas unternommen.
Einmal sind wir zu einer Pferdesegnung geritten. Morgens trafen wir uns und haben die Pferde hübsch gemacht. Antaris Mähne und Schweif wusch ich rein weiß und sie durfte ihre Schwalbenschwanzdecke mit ihrem Namen tragen. Ihre Mähne habe ich auch eingeflochten. Leider sind auf dem Weg einige Zöpfe aufgegangen und bei ihrer zwar nicht langen, aber dicken Mähne sahen die Knübbelchen auch nicht so schön aus. Also habe ich unterwegs die ganze Zeit Zöpfe aufgemacht und sie mit den silbernen Mähnengummis wieder zu einfachen Zöpfchen zusammen gebunden. Da die Haare vorher nass waren, sahen sie wunderschön gewellt aus.
Ab und an kam mir Antaris dick und unförmig vor, grade wenn sie Durchfall hatte und ihre Trägheit nicht dazu bei trug, dass sie edel wirkte. Aber um so öfter war sie für mich das schönste Pferd von allen und ich war stolz, grade sie zu haben. Ihr langer weißer Schweif und ihr doch für eine Stute wohlgeformter Hals.. die Schimmelfarbe in Kontrast zu den anderen langweilig "braunen" Pferden.. ihr schöner Rammskopf und ihre tiefschwarzen ruhigen Augen auf dem weißen Fell..
Mein erstes und bis heute einziges Turnier habe ich mit ihr bestritten. Es war zwar "nur" ein kleines Freundschaftsturnier mit einem befreundeten Stall, aber es war doch sehr aufregend. Es war auch das einzige Mal, wo ich mit ihr in einer Reithalle geritten bin..
Dabei sah es am Anfang garnicht danach aus, dass wir überhaupt teilnehmen konnten! Nelly und Julian wollten auch mitmachen und wir wollten eigentlich eine Woche vorher zusammen zu einem Training auf den Hof fahren. Leider haben wir Antaris nicht in den Hänger bekommen. Sie hat sich strickt geweigert, so spät am Abend vor dem Essen noch wegzufahren.. Da hat sie ihren Dickschädel dann durchgesetzt.
Den konnte sie nämlich auch haben, wenn sie keine Lust zu etwas hatte..
Zum Beispiel ging sie ums Verrecken nicht über einen Bach.. Es sei denn, er war zwei Meter breit, damit hatte sie keine Probleme. Aber wehe, es war ein Rinnsal.. dann konnte es sein, dass wir mehrere Kilometer Umweg in Kauf nehmen mussten, um auf die andere Seite zu kommen.
Auf das Turnier sind wir dann doch gekommen. Nachdem wir immer einen Fuß vor den anderen gehoben hatten und Bettina und Kali zwei Longen um ihren Po gelegt hatten, ließ sie sich irgendwann reinschieben.
Wir wurden fünfte von zwölf. Und die vier Plätze vor uns belegte immer Pico Nero, der Andalusier meiner Reitlehrerin mit Clara, Pia, Felicia und noch einem Mädchen.
Mann, was war ich stolz auf meine Weidebauch-Anti! Bis auf einen Galopp, den sie nicht richtig angesprungen hatte, hat sie alles ausgeführt, was ich von ihr verlangt habe. Zwar nicht ganz sauber ausgeritten, aber sie war auch ganz schön aufgeregt.. Draußen rief Nelly und sie war zum ersten Mal seit langem von zuhause weg in einer fremden Reithalle.. Dafür haben wir das aber besser erledigt, als ich vorher geglaubt hätte. Und die rote Schleife passte auf viel besser zu uns, als die Gelbe oder die Blaue..
Ein tolles Erlebnis war auch der Urlaub in Kölbingen bei Bettina und Kalli in deren Wochenend-Hof. Ca. eine Woche durfte ich mit den zwei Pferden dort sein und neues Reitgelände erforschen. Nachdem wir Wirbel und Coco verladen hatten und Nelly alleine gefahren war, sollten Antaris und Rindill zum Schluss fahren. Antaris marschierte ohne Probleme in den Hänger und Rindill wäre sofort hinterher gesprungen, hätte man ihn nicht daran gehindert..
Es war schön dort oben und wir saßen abends lange in der Küche zusammen und unterhielten uns über Pferde.
Ich konnte dort mit Antaris sogar alleine ausreiten, ohne dass sie sich geziert hat. Völlig fremde Umgebung und sie ist mit mir doch von der Herde aus weggegangen.
Einen Tagesritt haben wir auch gemacht. Diesmal zu Annikas Löwenhof nach Bad Camberg. Den ganzen Tag sind wir geritten.. Nachmittags waren wir dann da. Antaris war ein absolutes Wohlfühl-Pferd. Ich hatte nur in wenigen Situationen wirklich Angst runter zu fallen und ansonsten konnte man sich wirklich blind auf sie verlassen. Sie war einfach so ruhig und ging in stressigen Situationen, in denen sich andere Pferde aufregten nach vorne und flößte der Gruppe wieder Ruhe ein.
Als es abends nachhause ging, hatte sie wieder Feuer im Hintern und wir waren in weniger als der Hälfte der Zeit wieder an der Koppel.
Auch Bettina hatte diverse Reitbeteiligungen auf ihren Pferden und als alle einigermaßen sicher mit ihren Pflegepferden umgehen konnten, ritten sie in einer großen Gruppe zusammen aus. Manchmal begleitete ich sie auf Coco. Antaris hat Clara immer heil nachhause gebracht.
Im Winter trennten wir uns immer wieder von Bettinas Pferden, da sie alle aufgestallt wurden und Antaris und Rindill wieder ihre Boxen bezogen. So schön es im Frühling war, die Pferde endlich wieder auf die Weiden zu lassen und nur noch abäppeln, aber nicht misten zu müssen, so schön war es im Spätherbst, sie bei scheußlichem Wetter in der Box zu wissen und den kurzen Weg vom Haus direkt zum Stall zu haben.
Im Winter, wenn richtig Schnee lag, waren die Wege, die wir sonst nicht reiten konnten, weil alle Pferde barhuf waren, so schön weich, dass wir die ausgedehnten Strecken zu langen Galopps nutzen. Auch in den ersten Wintern trafen wir uns mit Bettina und Kali und ritten Sonntags lange zusammen aus. Ich weiß noch, wie wir einmal die Steppe mit Verlängerung geritten sind und auf dem Rückweg über das offene Feld in einen Schneesturm kamen. Es dämmerte schon und wir hatten noch eine gute Stunde vor uns. Plötzlich kam die Schneewalze auf uns zu und wir galoppierten grade in der Gruppe über einen langen Feldweg. Ich schloss die Augen, neigte den Kopf und ließ Antaris hinter Coco hergaloppieren. Das war ein wunderbares Gefühl, sich so ganz auf den riesigen Körper unter mir zu konzentrieren und zu wissen, dass ich mich ganz auf sie verlassen konnte. Es kam mir vor wie eine halbe Stunde, als wir nach einem Kilometer wieder durchparierten. Mein Schneepferd und ich..
Einmal war Antaris auch als Weihnachtsmann unterwegs. Ich hatte ihr Glöckchen um die Fesseln über weiße Bandagen mit rotem Kreppband gewickelt und ihr eine Nikolausmütze auf gesetzt. Jedes Mal, wenn sie jetzt lief, erklangen die Glöckchen. Mit einem weihnachtlich hergerichteten Korb liefen wir so zu Bettinas Stall.
Kling! Klang! Kling!
Dort überbrachten wir Geschenke, tranken Glühwein und aßen Plätzchen. Antaris durfte in Cocos Paddock etwas Heu essen und wurde von den RBs bewundert.
Irgendwann trennten sich unsre Wege und Bettina und Kali und wir gingen pferdetechnisch wieder getrennte Wege. Die 24h Koppel waren für Rindill als Isländer einfach nicht gut und auch Antaris konnte zu dieser Zeit eine Diät gebrauchen.
Die Wanderrittzeit..
Zusätzlich zu unsrer Sommerkoppel und dem "Baumstück" konnten wir jetzt noch die Kuhweide direkt unter unserem Stall pachten und die Pferde damit bis in den Dezember hinein mit Gras versorgen. Beide standen jetzt Nachts auf abgefressenen Stückchen und bekamen Stroh zugefüttert.
Hier begann unsere Wanderritt-Zeit.
Den ersten Wanderritt hatten wir schon bestritten, als wir noch mit Bettina und Kali zusammen standen. Er führte Litla und mich auf eine Wiese in die Nähe des Hauses des Freundes von Litla. Wir hatten vorher schon den Zaun gebaut und die Route ausgesucht.
Eines Vormittags ging es dann endlich los und auf dem Dach meiner Ente machte ich ein Foto mit Selbstauslöser von uns. Wir waren beide schon ganz schön aufgeregt und freuten uns total auf die nächsten drei Tage, die wir fast nur mit den Pferden verbringen wollten. Zu Anfang war alles etwas zäh, da die Pferde von zuhause weg immer etwas langsamer waren, aber als wir die gewohnten Wege verließen und in einen Teil des Waldes bogen, den wir nicht kannten, zog Antaris sogar Berg an vorwärts. Ich weiß noch, wie ich mich gefreut habe wie eine Irre, als wir endlich den kleinen Tunnel unter der A3 gefunden haben.. Das war vielleicht ein Kilometer von den gewohnten Runden weg.. Während dieses Wanderrittes hatte Litla die geniale Idee, eine Art Report an manchen Stellen auf Video aufzunehmen. Als wir nach ein paar Stunden mit ewigen Umwegen durch ein Waldstück Sicht auf unseren Zielort hatten, konnten wir garnicht mehr an uns halten, so haben wir uns gefreut, dass wir mit der Karte tatsächlich da angekommen waren, wo wir hinwollten.. Nach einer weiteren Stunde waren wir dann endlich am Zielort und die Pferde konnten sich ausruhen und wir ein Eis essen.
Das war ein total tolles Erlebnis, weil es unser erster Wanderritt war. Abends hat Antaris die ganze Zeit oben in der Ecke der Koppel gestanden und in Richtung nachhause geschaut. Zwischendurch ist sie mal eine Runde gelaufen und hat dann wieder gewartet, ob es nicht doch heute noch wieder heim ging..
Die sms, die ich von Litla abends bekommen habe, als ich zuhause war, habe ich noch immer aufgehoben:
"Hey, Wanderreitkolleschin? Alles roger! Standen beide ganz oben, Anti war am gucken, aber ruhig. Die Wurst war natürlich am Fressen… :) Bis moje, meld mich..gute N8!"
Am zweiten Tag sind wir in der Nähe unseres Rastplatzes ausgeritten und Antaris ist dort zum ersten Mal mit mir über einen Bach gesprungen.
Im nächsten Jahr haben wir dann den ersten großen Wanderritt zu unbekannten Rastplätzen unternommen. Die RBs durften auch eine Etappe reiten. Diesmal ginge auf den Rundweg der Taunusfreizeitreiter, so bekam der Ritt den Namen "Hohensteinritt".
Ich war total stolz, dass Antaris, die zwar ein bisschen Durchfall hatte, aber im Großen und Ganzen total relaxed war. Sie lief jetzt auch ganz anders. Nicht mehr so träge wie zuhause, sondern flott vorwärts und motiviert. Mir schien es immer, als mache ihr das Wanderreiten sogar Spaß.
Der Rundweg hatte es zum Teil in sich und Antaris und die anderen Pferde konnten ihre Geländegängigkeit beweisen.
Antaris war auch schon ein Hochzeitspferd. Aber auf keiner normalen Hochzeit, sondern auf einer Mittelalterhochzeit! Wir wurden von bewaffneten Soldaten begleitet und als wir auf dem Platz einritten, auf dem die Braut in die Hände des Bräutigams übergeben werden sollte, sahen alle die Braut an auf ihrem (meinem!) schönen weißen großen Pferd! Antaris stand im Mittelpunkt aller Augen und war so ruhig, als trüge sie jeden Tag eine Braut inmitten von mittelalterlich gekleideten Menschen und andersartiger Musik. Toll sah sie aus, mit dem Fell über ihrem Sattel und körperlich total fit. Gut bemuskelt, wache Augen und ein Selbstbewusstsein, dass ich so garnicht von ihr kannte. Ich hoffe, sie wusste, dass sie etwas ganz Besonderes war und alle zu ihr schauten, weil sie so schön war..
Der nächste Ritt war der "Fieldmountain Ritt". Ein viertägiger Ritt mit Annika mit Zensi und Michi mit Ronda um den Feldberg. Wow… Wir haben gestrahlt wie Oskar, als wir mit unseren vier Pferden tatsächlich auf dem Feldberg ankamen und von dort oben auf unseren Taunus hinunter sehen konnten. Auch hier hat Clara wieder eine Etappe mit Antaris übernehmen dürfen.
Der Rückweg war Wahnsinn.. Litla konnte nicht mitreiten und daher übernahmen Clara und Sandra die Etappen, die sie ausfiel. Zurück musste Sandra nach der Hälfte passen und ich ritt mit Antaris und Rindill als Handpferd das letzte Drittel alleine nachhause.
Rindill konnte schon kaum noch und wir mussten ihn quasi ziehen. Antaris hat die ganze Zeit durchgehalten, obwohl wir Mörder-Temperaturen hatten.
Keinen Schluck wollte sie trinken, als wir in der Mittagshitze Rast machten, daher haben wir ihr einfach nur das Wasser über den Hals geschüttet. Mit unserem Gruppenfoto auf dem Gipfel des Feldbergs waren wir auch in der CAVALLO.
Jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit fahre, schaue ich von der Bundesstrasse in Richtung Frankfurt und sehe den Feldberg, zu dem meine Anti und ich gemeinsam auf eigenen Füßen gelaufen sind.
Antaris und ich haben im Jahr 2009 auch an unserem ersten Kurs teilgenommen. Das war der Reitkurs nach der "Ecolé de Légèreté" von Philippe Karl. Trainerin war Tina Ott und der Veranstaltungsort natürlich der Löwenhof von Annika.
Besonders gefreut habe ich mich damals über die entzückte Martina und Tina, die Antaris Stirnriemen so toll fanden. Es war ein alter, rot-weiß-karrierter Riemen, der in den 80ern modern war. Ich fand den Riemen so klasse, weil rot und weiß ja auch die hessischen Farben sind und es im Kontrast mit dem Schwarz der Ausrüstung und dem weißen Fell so toll zusammen passte.
Martina bezeichnete uns als "Quotenwarmblut", weil wir das einzige Pferde-Team waren. Alle anderen Teilnehmer waren Ponys. Das war übrigens auch der Kurs, an dem ich Martina kennen lernte.
Als Tina auf Antaris ritt, fand ich mein Pferd gleich doppelt so toll. Was hatte sie für eine Ausstrahlung, wenn ein Profi sie ritt! Das wollte ich schon immer mal wissen. Was mich auch sehr stolz auf meine Antaris sein ließ war die Tatsache, dass Tina und Marina ihr eine wirklich gute Grundausbildung bestätigten. Das ich ein super Pferd hatte, wusste ich natürlich..
Der Kurs war in allen Punkten erfolgreich. Wir haben total viel gelernt, Antaris ließ sich danach besser reiten und wir kamen mit deutlich weniger Hilfen aus. Sogar Schulter herein konnte ich jetzt im Gelände reiten. Irgendwann hatte es plötzlich klick gemacht und wir konnten es.
In diesem Jahr, im Oktober - kurz nachdem ich Mathilda gekauft hatte - bekam sie ihre erste Kolik. Es war Abends beim Fressen. Rindill und sie standen an der Raufe. Aber sie wollte nicht fressen. Sie stand dabei, lief ab und zu mal ein paar Meter und stellte sich wieder neben die Raufe. Irgendwie war mir plötzlich klar, dass da was nicht stimmte und ich blieb bei ihr stehen, um sie zu beobachten.. Nach ein paar Minuten bemerkte ich, wie sie plötzlich zitterte und schwankte und umzufallen drohte. Jetzt sah ich auch, dass sich ihr Gesicht verändert hatte. Sie war sehr stark nach innen gekehrt und hatte offensichtlich große Schmerzen. Sofort habe ich den Tierarzt gerufen.
Bis dieser eingetroffen war, habe ich in allen möglichen Büchern nach Vergiftungssmpthomen nachgeschlagen, aber nichts gefunden. Papa war die ganze Zeit bei mir und hat Antaris mit beobachtet. Er hat auch eine gute Auffassungsgabe was die Pferde betrifft und sah auch, dass es ihr schlecht ging.
Als die Tierärztin dann endlich da war, rektalisierte sie Antaris, die sich stark dagegen wehrte. Sie konnte nicht viel ertasten, deshalb schickte sie uns direkt in die Klinik. Ich war in diesem Moment so was von total überfordert, weil wir keinen Hänger hatten, Antaris schon seit zig Jahren nicht mehr verladen worden war (und das letzte Mal beim Turnier ja auch nicht gerne einsteigen wollte..) und verdammt noch mal mein Pferd krank war! Meine letzte Rettung war Annika, die glücklicherweise zuhause war. Sie war meine Retterin in der Not, denn sie brachte mir nicht nur Hänger und Zugfahrzeug, sondern darin auch das Pony Pit für Rindill mit, der sonst Tagelang hätte alleine sein müssen. Vielen, vielen Dank dafür noch mal, Annika!!!
Als habe sie gewusst, dass es jetzt wichtig ist, ist sie nach anfänglichem Zögern, was mich dermaßen verunsichert hat, dass ich auf der Rampe stehen blieb, an mir vorbei marschiert und in den Hänger gedrängt. Das war das einzige Mal, dass ich sie freiwillig habe in den Hänger gehen sehen.
Ich war auch so aufgelöst, dass ich sie garnicht hätte hindern können, wenn sie sich stur gestellt hätte. Es war Nacht, die Strasse war schief, der Hänger war schief, die Strassenlaterne warf flaues Licht und hinter uns wuselten viele Leute umher.
Annikas Papa hat uns dann nach Hattersheim in die Tierklinik Schmitt+Tränkner an der A66 gefahren. Nachdem wir einmal an der falschen Kreuzung abgebogen waren und drehen mussten, kamen wir endlich dort an und ich konnte wieder zu ihr. Sie wurde in der Intensivstation in einer kahlen, kalten Box aufgenommen und bekam eine Stelle am Hals rasiert und eine Kanüle geschoben. Ich weiß dass noch alles ganz genau. Es war die selbe Box, in der sie dieses Jahr kurz vor ihrem Tod stand.
Damals musste ich die Entscheidung für Leben oder Tod schon einmal treffen. Allerdings bevor abzusehen war, ob sie es schaffen könnte. Der Tierarzt fragte mich, ob er OP-Erlaubnis habe. Das war ein weiterer Punkt, der mich der absoluten Verzweiflung nahe brachte. In so einem Moment kannst Du nichts denken und musst doch die wichtigste Entscheidung im Leben treffen. Vertust Du Dich, bezahlt es Deine beste Freundin mit dem Leben. Ich habe Minuten lang gehadert und mich gewunden, doch der Tierarzt stand vor mir mit seinem Schreibbrett und dem Kugelschreiber in der Hand, bereit, das Kreuzchen an der Stelle zu machen, die ich ihm nennen würde.
Der größte Stein im Weg zu dieser Entscheidung war das Geld. Wir waren darüber aufgeklärt worden, dass eine OP zwischen vier- und achttausend Euro kosten könne. Das hätte ich niemals aufbringen können und daher habe ich meinem Papa, der mit einem anderen Auto hinter dem Hänger her gefahren war, Hilfe suchende Blicke zugeworfen. Ich habe vergessen, wie es dann weiterging. Im Endeffekt haben wir die OP-Erlaubnis gegeben, mit der Möglichkeit, während der Narkose zu sagen, dass sie getötet werden sollte, falls die Diagnose zu düster gewesen wäre.
Mit diesem Wissen sind wir dann nachhause gefahren und ich musste Antaris an ihrer Infusion hängend in der Klinik alleine lassen. In fremden Händen. Keinen kannte sie dort und es ging ihr so schlecht. Zuhause saß ich auf der Couch bei meinen Eltern und heulte mir die Seele aus dem Leib. Was, wenn sie wirklich anriefen und sie operiert werden musste?! Ich glaube, ich habe sogar an dem Abend nichts mehr von der Klinik gehört.
Am nächsten morgen habe ich natürlich sofort nach Glockenschlag zu Beginn der Bürozeiten dort angerufen. Ich stand dabei draußen an Rindill Paddock. Nach unerträglichen Sekunden sagte man mir, dass sie die Nacht gut überstanden habe und auf dem Wege der Besserung und stabil sei.
Man kann sich garnicht vorstellen, wie man sich in dem Moment fühlt. Ich war so leicht, leicht wie eine Kirschblüte im Wind und fühlte mich so gut wie lange nicht mehr. Antaris ging es besser! Das war die schönste Nachricht der Welt!
Drei Tage und 1200 Euro später durfte sie endlich wieder heim. Zwar musste sie noch ein paar Tage in ihrer Box bleiben und langsam weiter mit Heu aufgefüttert werden, aber auch das überstanden wir und sie gesundete wieder.
Im Frühling darauf machte ich dann mit Antaris den "Taunuswanderritt" alleine ohne Rindill mit. Litla hatte zu diesem Ritt nicht trainieren können, weil Rindill offene Wunden im Rücken hatte und Mathilda bei uns eingezogen war. So mussten wir keinen Babysitter für sie suchen.
Antaris war es nicht wohl, alleine eine so große Strecke zu gehen. Wir sind morgens alleine von zuhause aufgebrochen und sie hat bestimmt gemerkt, dass etwas vor sich geht. So bepackt war sie, mit all den Taschen und meiner Isomatte.
Wir sind am selben Tag noch direkt nach meiner Ankunft auf dem Löwenhof weitergeritten und kamen abends total kaputt im ersten Quartier an. Ich war so stolz und Dankbar, dass sie kein Geschrei hielt und die fremden Pferde (Legat, Zenzi, und Harvey) akzeptierte. Diese Unabhängigkeit hatte ich mir immer gewünscht - jetzt unternahmen nur wir zwei etwas ganz alleine. Normalerweise war ja immer Rindill dabei gewesen oder ein Koppelfreund; diesmal waren wir zwei die Einzigen aus dem selben Stall. Ich hatte ein sehr großes Zugehörigkeitsgefühl zu ihr und wir waren "wir zwei". Antaris - mein Pferd und ich. Ich hatte damals ein sehr starkes Team-Gefühl. Wir waren immer ein gutes Team.
Auf dem gesamten Ritt zog Antaris dermaßen vorwärts, dass ich es kaum glauben konnte. Natürlich war mir bewusst, dass das wegen Rindill war, aber sie hielt das auch locker durch! Sie war nicht mehr geschwitzt, wie die anderen Pferde und stiefelte am nächsten Tag auch direkt wieder an erster Stelle. Meine dicke Anti führte den Trupp an. Das war schon toll.. Ich kam mir vor, wie ein richtiger Weltenbummler.
Antaris war mir in der Erziehung von Mathilda eine große Hilfe. Zu Anfang, weil sie sie in ihre Schranken wies, später als ruhender Pol, zu dem ich immer gehen konnte, ohne aufzupassen, dass ich nicht im Rang angegraben werde. Bei ihr musste ich nicht sonderlich aufpassen. Wir wussten, dass wir einander vertrauen konnten. Der Umgang mit ihr war so routiniert. Alle Handgriffe kannte sie von mir und es passierte selten Unvorhergesehenes.
Sie war Mathildas Ersatzmama, an der sie sich zu Anfang viel orientiert hat. Wenn Antaris trinken ging, so ging auch Mathilda trinken und wenn Antaris schlief, stand Mathilda an ihrer Seite und ruhte ebenfalls. Antaris hielt sie auf Abstand oder kraulte mit ihre Fell. Später hielt sie Mathildas nerviges Gerempel als Handpferd aus und war für mich durch ihre Ruhe und Ausgeglichenheit dabei unersetzlich. Manchmal glaube ich, ich habe sie dabei überfordert. Sie hat immer alles auszuführen versucht, auch wenn es ihr vielleicht manchmal eigentlich zu viel war. Ich denke nicht, dass sie sich freiwillig als Mathildas Begleitpferd gemeldet hätte. Ich bin ihr so dankbar, dass sie sich Mathilda angenommen hat und mir mein Nachwuchspferd miterzogen hat. So ist doch auch ein Teil von Antaris in Mathilda.
Ich fürchte mich vor dem Gedanken, dass Antaris wusste, dass Mathilda einmal "ihren Platz belegen" würde. Ich hoffe, sie weiß auch, dass das in Wirklichkeit niemals irgendwer tun wird..
Obwohl Antaris jetzt schon in die Jahre gekommen war, sah sie körperlich immer noch top fit aus. Der Fellwechsel funktionierte bestens, die Hufe wuchsen gut und im Winter war sie sogar teilweise zu spritzig. Ihr Alter sah man ihr wirklich nicht an.
Deshalb trainierten wir sie auch im nächsten Jahr wieder für einen Wanderritt auf. Diesmal ging es in Richtung Limburg. Die Strecke war länger als bei den letzten Ritten, aber diesmal war Rindill mit dabei und Paddy, das Pferd von Martina, dass mit seinen knapp 4 1/2 Jahren auch mehr geführt werden musste. Daran wollte ich mich mit Anti anschließen.
Der Ritt war der letzte, den wir zusammen in der alten Konstellation unternehmen würden.
Annika mit Zenzi, Rebecca mit Legat, Litla mit Rindill und Antaris und ich. Der Ritt brachte uns teilweise an die Grenzen und Antaris musste nach dem ersten Tag ohne Gepäck und nach dem zweiten ohne Sattel geritten werden. Nach zwei Tagen mussten Annika und Zenzi den Ritt abbrechen, weil zuhause ein Pferd krank war, Martina schloss sich mit Paddy an, da diese einen Satteldruck hatte, Rebecca wurde nachts von irgendetwas in die Lippe gebissen und die fünfte Mitleiterin Ina hatte sich bei einem Sturz das Knie geprellt. Fast wäre der Ritt hier gescheitert. Aber Ina und Rebecca haben die Zähne zusammen gebissen und Antaris und ich sind ohne Sattel weitergeritten, da sie nach der zweiten Etappe eine faustgroße Beule in der Gurtlage hatte. Am zweiten Tag regnete es immer wieder und am dritten Tag regnete es ohne Pause von morgens bis abends. Wir kamen total kaputt und bis auf die Knochen nass im Quartier an. Antaris wäre einmal fast auf der Stallgasse umgefallen, als sie umhüllt von ihrer Regendecke eingeschlafen war.
Das einzig unversehrte Team waren Litla und Rindill, die unauffällig und mit Ausdauer und Gelassenheit den gesamten Ritt ohne ein Wehwehchen überstanden.
Ende August 2011 waren wir dann zusammen auf unserer ersten Reiterrallye. Martina und Paddy begleiteten Rindill, Antaris, Felicia und mich und wir trafen uns morgens auf dem Steckenrother Sammelplatz der Taunusfreizeitreiter. Es war sehr schwülwarm und für den Nachmittag waren Gewitter angesagt. Da wir seit Anfang des Jahres 2011 einen eigenen Pferdeanhänger hatten, ritten wir nicht, wie früher, zur Veranstaltung, sondern ließen uns fahren. Dafür hatten wir die Wochen vorher mit Antaris und Rindill viel Verladen geübt und nach einigen Wiederholungen war es kein Problem für Antrags, in den Hänger zu steigen. Erst einmal musste sie sich zwar immer weigern, einzusteigen, aber nach drei bis vier Versuchen stieg sie meistens immer ganz plötzlich doch ein. Das Verladen vor der Rallye zuhause auf heimischem Grund war deshalb kein Problem und wir waren zur verabredeten Zeit auf dem Treffenplatz.
Die Pferde waren gut gefahren und sahen sehr professionell aus, mit ihren großen Nummern auf dem Po.
Kurz nach dem wir losgeritten waren, fing es dann auch an, zu regnen. Natürlich hatten wir die Regenmäntel nicht mitgenommen, da bis zum Nachmittag gutes Wetter vorausgesagt gewesen war. Es schüttete in Strömen, die Stimmung sank leicht in Richtung 0. Trotzdem machte es Spaß, an den Stationen die Aufgaben zu erledigen und bestätigt zu bekommen, was für abgeklärte und zuverlässige Pferde man doch hatte. Antaris nahm alles sehr gelassen, den Regen, die Menschen, die plötzlich im Wald standen, die vielen anderen Pferde.. Einen besseren Ausdruck als "Verlasspferd" gibt es nicht, um ihren Pferdetyp zu beschreiben.
Sie war immer der ruhende Pol .
Das zeigte sich auch später im Parcours. Alle Aufgaben hat sie bewältigt, ohne sich zu erschrecken, ohne sich zu wehren ohne sich ablenken zu lassen.
Leider haben wir uns nicht werten lassen, aber hätten wir es getan, wären wir unter den ersten 10 gewesen, wie wir später erfuhren.
Die Heimfahrt zögerte sich etwas hinaus, denn diesmal ließ Antaris ihrer wilden, rebellischen Seite den Vorlauf. Es war, als habe sie sich den ganzen Tag so zusammen reißen müssen, dass es für die letzte Dreiviertelstunde nicht mehr gereicht hatte.
So hatte ich Antrags schon sehr lange nicht mehr gesehen. Sie war widersetzlich, stieg, drängte Martina und mich ab, schnaubte ärgerlich, trat nach dem Stick und wollte auch nach einer halben Stunde einfach nicht einsteigen.
Rindill hingegen ließ sich von Felicia einfach in den Hänger schicken. Nachdem er drin war, bekamen wir Antaris auch irgendwann mit Möhrchen rein.
Ich habe schon gedacht, ich müsse sie tatsächlich noch heimreiten..
Das war unsere letzte gemeinsame Unternehmung.
Etwas schlägt uns auf den Magen
Im Oktober haben wir eine routinemäßige Blutuntersuchung bei Antaris und Rindill machen lassen, um festzustellen, ob irgendwelche Mängel vorliegen und um Referenzwerte zu erhalten, falls sie im Alter mal krank werden sollten.
Rindills Blutbild war ganz in Ordnung, aber Antaris ganz und gar nicht. Einige Werte wichen deutlich von den Normalwerten ab.
Darunter der Eiweißwert (das Albumin) und der Entzündungswert (Eosinophile, Monozyten..). Auch der Wert, der anzeigt, wenn eine Verwurmung besteht, ist erhöht.
Noch während die Blutwerte auf dem Weg zur Auswertung waren, stellte ich plötzlich eine Änderung in Antis Verhalten und an ihrem Körperlichen Zustand fest. Das war am 12. November. Bei unserem bis letzten Ritt musste sie oft stehen bleiben und versuchte, Wasser zu lassen. Dies gelang ihr nicht und sie blieb alle paar Meter stehen, um erneut zu pieseln. Dieses Spiel wiederholte sich bis in den Stall. Dort konnte sie endlich.
Außerdem hatte sie deutlich sichtbar an Gewicht verloren. Man kann ihre Rippen fühlen und beim Einatmen auch sehen. Das ist zwar nicht dramatisch, wenn man es für sich alleine sieht, aber wenn man Anti kennt, weiß man, dass sie immer ein rundliches Pferdchen war, das eher zu viel auf den Rippen hatte. Für mich dramatisch ist auch die kurze Zeit, in der sie abgenommen hat.
Routinemäßig hatten wir zur Blutabnahme auch Equimax-Wurmkuren gg. Bandwürmer und Magendasselb beim TA mitbestellt, die alle am 15. November bekamen.
Außerdem bekommt Antaris jetzt regelmäßig einmal pro Tag Mash und Abends einen 20Ltr. Eimer Heucobs gefüttert, um einen weiteren Gewichtsabfall zu verhindern.
Am 18. November bekam ich von meiner Schwester die Info der schlechten Blutwerte. Ich solle ihr gutes Futter füttern, Sojaöl darüber geben und eiweißhaltige Futtermittel geben, wie z.b. Luzerne.
Ein paar Tage später bemerkten wir, dass sie nicht richtig fraß (auch kein Gras..) und sich auffällig oft von den anderen absonderte. Mathilda hatte wohl auch bemerkt, dass etwas mit Antaris nicht in Ordnung war und hat sie nicht in Ruhe gelassen und sich mit ihr angelegt. Die zwei haben heftig miteinander gekämpft.
Am 24. November mussten wir sie dann von den anderen trennen. Nicht nur wegen Mathilda, sondern auch deshalb, weil sie nicht mehr richtig essen wollte. Außerdem haben wir an diesem Abend den TA gerufen. Er tippte zuerst auf die Zähne und untersuchte den Kiefer. Da Antaris auf der rechten Seite schmerzhaft reagierte, waren wir recht schnell der Annahme, dass dies der Auslöser für die Gewichtsabnahme und die Fressunlust sein könnte. Möglicherweise könnte das die Ursache für den Entzündungswert sein.. Da sie sich sehr schlecht untersuchen ließ, mussten wir sie Dienstags zum Tierarzt, der Pferdezahnspezialist war, in die Klinik fahren.
Zusätzlich hatte Antaris Wassereinlagerungen am Bauch.
Ich kontrollierte an dem Abend auch mal ihre Temperatur und war ziemlich erschrocken, als ich 35,7° Grad maß. Da Pferde eine Körpertemperatur ähnlich dem Menschen haben, war das deutlich zu niedrig. Mit einer Decke (Regendecke + Abschwitzfunktion ohne Fütterung) habe ich die Temperatur jetzt im Griff. Lassen wir die Decke ein paar Stunden aus, sinkt die Temperatur sofort.
Samstags, am 26. November habe ich ihr dann Schmerzmittel beim TA geholt, da sie auf der Koppel stand und merkwürdige Verrenkungen mit dem Kopf machte und das Maul immer wieder aufriss. Merkwürdigerweise hat Antaris in der ganzen Zeit kein bißchen Durchfall oder Kotwasser...
In der Praxis wurde Antaris dann am 02.Dezember sediert und ihre Zähne endoskopiert. Wir konnten diverse Veränderungen feststellen, aber nichts dramatisches. Der TA raspelte ihre Zähne und kürzte die Schneidezähne. Außerdem ließ ich Röntgenaufnahmen von allen vier Zahnreihen machen. Dort war leider nicht zu sehen. Die Schneidezähne zeigten auch keine Auffälligkeiten und wir konnten hier keinen Grund für Antaris Verhalten finden.
Man erkannte, dass sich die Wurzeln der Zähne teilweise auflösten. Dies war normal bei älteren Pferden, verursacht aber evtl leichte Schmerzen. Trotzdem konnte hier keine Ursache für den niedrigen Eiweißwert und die Entzündung gefunden werden, die Antaris ja scheinbar in ihrem Körper hat. Um den Knochen um die Zahnwurzeln schneller zur Bildung zu bewegen, der dann die Zähne stabilisiert und im Körper hält, bekommt Antaris jetzt ein Pilzpräparat. Außerdem soll sie ihr Futter eingeweicht essen.
Der TA riet mir noch, eine Urinprobe durchzuführen und wir schickten zusätzlich noch etwas Kot ein, den wir aus der Krankenbox von Antaris entnahmen. Wir ließen ihn parasitologisch und bakteriell untersuchen. Die Urinprobe konnte ich mit einem Test aus der Apotheke selbst durchführen. Ich kaufte mir 10 Sticks des "Combur5-Tests" und sammelt den Urin, den sie immer absetzte, wenn sie Abends von der Koppel in ihre frische Box kam. Mein Test reagierte positiv auf Protein (Eiweiß) und auf Blut.
Dies teilte ich dem TA Tags darauf direkt mit und er maß auch in der Praxis noch mal. Bei ihm reagierten die Werte aus der selben Urinprobe (ebenfalls ein Combur-Test mit mehr Testmöglichkeiten als meiner) negativ auf Eiweiß und Blut. Aber leicht positiv auf Nitrit.
Zwei Tage später maß ich wieder und bekam wieder positive Protein- und Hb-Werte.
Möglicherweise waren es also doch die Nieren oder die Blase. Obwohl Nieren- und Leberwerte im großen Blutbild in Ordnung waren, könnte es doch eine Veränderung in der Niere geben. Diese sähe man auch erst im Blut, wenn schon über 50 Prozent der Niere nicht mehr richtig arbeiteten. Vielleicht hatte sie Blasensteine oder eine Entzündung im Bereich der Nieren?
Also machten wir am 06. Dezember einen Termin zum Ultraschall aus. Doch auch hier hatten wir leider keinen Erfolg. Niere und Blase waren nicht entzündet und frei von Steinen. Die Testergebnisse der Kotprobe brachten allerdings den Befund der Verwurmung heraus. Dabei hatten wir in den letzten Wochen zwei mal Kotproben eingeschickt (beide negativ) und auch erst am 15. November entwurmt!? Auch diverse Bakterien waren in Antis Darm zu wenig angesiedelt. Diese könne man leider nicht anfüttern, denn der Körper müsse diese Bakterien selbst bilden. Wir könnten die Darmfunktion mit Schwarzkümmel zwar unterstützen, aber der TA bezweifelte, dass das Kotwasser die Ursache für den hohen Eiweißverlust sein könnte. Auf meine Bitte hörten beide TAs das Herz von Anti noch mal ab, fanden aber nichts zu beanstanden. Antaris bekam dann noch eine Eraquellwurmkur und wir nahmen noch mal eine Blutprobe, um den aktuellen Stand der Werte zu bekommen.
Da ihr Zustand zumindest äußerlich stabil war, warteten wir jetzt noch die neuen Blutwerte ab. Sollten diese sich verschlechtert haben, wollten wir sie nächste Wochen in die Tierklinik nach Gießen fahren. Dort konnte man besser abklären und untersuchen, was der TA im Stall nicht konnte.
Hätten sie sich hingegen verbessert, würden wir Darmsanierende Mittel und Zusätze füttern ohne sie in die Klink zu fahren. Blieben die Werte gleich, musste ich entscheiden, was zu tun war..
Ich hatte so gehofft, meinem alten Oma-Pferd die lange Fahrt in die Klinik ersparen zu können und hier doch noch den wahren Grund für ihren Zustand zu finden...
Leider blieb uns der Klinikaufenthalt nicht erspart. Die Werte waren noch schlechter als die Ersten.
Auf der Weide war sie ganz schön aufgeregt, als ich sie holen ging. Ich glaube, sie wusste, dass es jetzt losging an einen ungewissen Ort und mir dabei auch nicht so ganz wohl war. Sie hat gewiehert, als ich sie holen kam. Das hatte sie sonst nie so deutlich gemacht. Als wollte sie sagen: "Auf jetzt! Ich halte es nicht mehr aus, diese Ungewissheit! Lass es uns hinter uns bringen und losfahren und hoffen, dass sie mir helfen!" Ich war so froh, als sie oben war und wir unterwegs nach Gießen in die Uni-Klinik waren.. ich bin wieder die ganze Fahrt im Hänger mit ihr gefahren (obwohl das eigentlich gesetzlich verboten ist, weil die "Frachtsicherung" nicht gewährleistet ist..). Aber sie ist so schön ruhig, wenn ich daneben stehe, im Vergleich dazu, wenn sie alleine fahren muss..
Wir waren dann sogar eineinhalb Stunden früher da, als wir angemeldet waren und sie konnte eine Isolationsbox beziehen. Es sah dort aus, wie in einem Gefängnis und alles war tatsächlich wie in einem Menschenkrankenhaus. Ganz weiß und steril und es roch nach Desinfektionszeugs..
Sie ist ganz brav und tapfer mit mir in die Box gestiegen. Wir mussten sie dann auch gleich kurz alleine lassen und mit der leitenden Tierärztin ihre Daten aufnehmen.
Dann bekam sie Heu und ich musste mich für diesen Tag von ihr trennen. Das war ganz schön schwer. Für mich vielleicht sogar extraschwer, weil ich meine Pferde ja direkt am Haus und 24h am Tag die Verantwortung dafür habe. Im Gegensatz zu Leuten, die ihre Pferde in einem Reitstall haben, bin ich komplett alleine für ihr Wohlergehen zuständig. Das macht so eine Trennung viel schwerer.
Montags wurde sie dann in einem Stand rektalisiert und bekam ein Ultraschall des Bauchraums gemacht. Meine Maus war so lieb und hat alles über sich ergehen lassen. Sie hat nicht rumgebrüllt und sich nicht gewehrt, sondern einfach aufgepasst, was geschieht und ganz ganz still gehalten. Dass sie Angst hatte, hat man gesehen, sie hat ganz schön gezittert. Ich war so froh, bei ihr sein zu können, obwohl ich auch total aufgeregt war.
Durch das Ultraschall konnte unsere Ärztin Frau Ehrmann sehen, dass die Darmwand auf der rechten Seite verdickt war und dass sie ein bißchen Flüssigkeit im Bauchraum hatte. Sie diagnostizierte eine Darmentzündung und wollte aber einen Tumor oder ein weiteres Vorkommen von krankmachenden Erregern ausschließen und im Anschluss etwas Flüssigkeit aus dem Bauchraum mit einer Punktion entnehmen. Mir ging ganz schön die Muffe, als sie mir das Gerät gezeigt hat, dass sie in Antaris Bäuchlein stecken wollten. Eigentlich war es nicht groß, aber ich hatte trotzdem Angst. Zumal sie das ohne Sedierung machen wollten. Es wäre nicht schlimmer für die Pferde wie das Setzen einer Kanüle.
Da die vorigen Untersuchungen sehr ruhig abgelaufen waren und mir die Ärzte sehr kompetent rüber kamen, habe ich zugestimmt.
In einem großen Raum mit Gummiboden wurde dann alles vorbereitet und die Stelle am Bauch rasiert und steril gemacht. Eine Studentin (ab sofort Möhrchenstudentin genannt) hat ihr dann Möhrchen gefüttert und Antaris war total abgelenkt. Eine Pflegerin hat ihr Vorderbein angehoben, wären ich sie am Halfter gehalten hatte. Mit dem Skalpell hat man einen keinen Schnitt gemacht und dann das Instrument eingeführt. Antaris hat zwar mal einen Satz gemacht, war aber direkt wieder bei den Möhrchen und die Ärzte konnten von der Flüssigkeit abnehmen.
Einen Tag später wurde mir dann das Ergebnis mitgeteilt. Man habe keine Tumorösen Zellen gefunden und auch sonst wäre das Wasser in Ordnung gewesen. Man tippte darauf, dass es von der Enzündung der Darmwand kam und da es wirklich nur sehr wenig war, wurde auch nichts abgesaugt. Antaris bekam dann Cortison-Spritzen hochdosiert und wurde in der Klinik überwacht. Da ich mich dort sehr wohl fühlte und den Eindruck hatte, dass mein Pferd dort sehr gut aufgehoben war, war ich auch teilweise arbeiten und nicht in der Klink.
Mittwochs-Mittags bekam ich einen Anruf, dass Antaris schlechter fraß und sogar ihr Mash nicht aufessen wollte. Ganz zu schweigen vom für die Verdauung so wichtigen Heu.
Unsere Ärztin riet mir zu einer Magenspiegelung, die wir dann Donnerstags morgens gleich durchführten.
Erst wollte sie nicht in den Stand, aber dann versuchten wir es rückwärts, so dass sie das beengende Teil nicht sehen musste und dann gings. Sie bekam eine Injektion gesetzt und war ein paar Minuten später im Reich der Träume. Mit einer ca. 3m langen Nasenschlundsonde gelangten wir dann durch die Nüstern den Schlund runter bis in ihren Magen und haben uns dort umgesehen. Es war sehr interessant, ihren Magen (in den ich die vergangenen 16 Jahre Futter geschüttet hatte) mal von innen zu sehen. Sie gab ab und zu mal ein paar gurgelnde Geräusche von sich (und zugegeben, sie sah furchtbar aus... wie sie da hing..) aber sonst verhielt sie sich absolut meisterhaft ruhig.
Wir entdeckten am Mageneingang ein paar Magengeschwüre und Dr. Ehrmann ging davon aus, dass diese Dinger natürlich erheblich dazu beitrugen, dass sie nicht gerne fraß. In den Dünndarm haben wir auch noch mal kurz reingesehen, aber der war unauffällig. Frau Dr. Ehrmann rektalisierte sie noch mal - das bekam sie ja jetzt eh nicht mit - und stellte dort einen angefüllten Blinddarm fest, welcher das Kotwasser erklären könne.
Nach dem sie dann aus der Sedierung erwacht war, hatte sie mächtig Hunger. Morgens hatte sie ja nichts zu essen bekommen, damit wir im Magen was sehen konnten. Nach drei Stunden durfte sie endlich ihr Mash essen, was sie (großer Gott, was war ich glücklich!!!) auch gierig getan hat. Auch Heu bekam sie wieder über das sie sich hermachte.
So hab ich sie dann wieder in der Klinik gelassen und bin doch erleichtert, endlich was Brauchbares gefunden zu haben, wieder nachhause gefahren.
Ganz Entwarnung konnte mir Frau Dr. Hermann leider nicht geben, denn der Blinddarm füllte sich weiter. Sie fraß zwar wieder besser und wir durften sie auch Sonntags mit nachhause nehmen, aber jetzt kam die Zeit, in der ich wieder voll für sie zuständig war und sehen musste, dass sie alle Medikamente, die sie kriegen musste, auch zu sich nahm. Sie bekam eine Art Säureminderer, der es dem Magen leichter machen sollte, abzuheilen und eine Paste (Gastrogard), die die Schleimhaut schützte und den Magen auskleidetn sollte. Dann noch Pronutrin (ein Zusatzfuttermittel bei Magengeschwüren) und ihre Cortisontabletten. Zudem durfte sie kein Getreide essen. Sie bekam also jetzt vier mal am Tag Mash und Rübenschnitzel und ich musste sehen, dass wir ziemlich genau 8 Stunden einhielten, um ihr die Magensäure-Tabletten zu geben.
Das sie jetzt schon wieder hier war, war nicht selbstverständlich. Die Ärzte hatten mir zu einer "Spülung" des Darms geraten, wegen dem vollen Blinddarm. Das könne auch dazu beitragen, dass das Verdauungssystem gestört sei und die Ursache für ihr Kotwasser war. Außerdem war ein gefüllter Blinddarm wohl genauso gefährlich wie beim Menschen, da er auch platzen konnte.
Eigentlich wollten die Ärzte die Darmspülung noch vornehmen. Durch eine Salzlösung im Magen wäre ein schwerer Durchfall provoziert worden, der alles (inkl Bilddarm) voll entleeren würde. Aber ich dachte, es wäre vielleicht erst mal besser, wenn sie wieder heim durfte zu den anderen und so ein bißchen Erholung für den Magen war bestimmt auch gut, bevor da Salzlösung reinkam.. Obwohl ich auch zweifelte und mir diese ganze Sache nicht so ganz geheuer war. Es wäre ja alles wieder zerstört worden, was wir bis dahin mühsam aufgebaut hatten.. Ich hab da wie so oft einfach mal aus dem Bauch heraus entschieden und ich glaube, es war gut, sie nachhause zu holen.
Mein armes Mäuschen.. Aber Antaris war ein so tapferes, gutmütiges Pferd!! Sie ließ sich das alles gefallen, schrie nicht in der Iso-Box, zerrte und zappelte nicht, ließ sich jeden Tag spritzen und untersuchen, stellte sich nicht an und das obwohl man sah, dass sie lieber bei 15 Grad und Sonnenschein mit ihrem Isi-Freund auf ner schönen grünen Wiese stehen würde..
Weihnachten war sie also zuhause und in der Klinik hatten sie mir einen strengen Futterplan aufgeschrieben - mit den ganzen Tabletten und Mittelchen, die sie nur über Futter nehmen konnte. Was ein Glück waren meine Eltern zuhause, die dann einsprangen, wenn ich arbeiten war.. sonst hätte ich garnicht gewusst, wie ich das machen soll..
Zwischenzeitlich ging es ihr dann sehr gut. Sie fraß gut, blubberte immer, wenn sie jemanden mit schwarzem Eimer auf sich zu kommen sah (Mash..mmmmhhh!) und fraß auch ihr Heu (drei große Partionen am Tag) auf. Ihre Temperatur war meiner Ansicht nach etwas niedrig und lag durchschnittlich bei etwas 37.3 Grad. Heute weiß ich, dass das aber okay ist, denn Mathildas Normaltemperatur liegt bei ca. 38,3 Grad. Solche Schwankungen können also bei den einzelnen Pferden auftreten. Sie hatte noch mal Wassereinlagerungen, aber die waren nur sehr klein. Wir gingen zwei/drei mal die Woche etwas spazieren und sogar etwas longiert. Sie hat gut mitgemacht und ich hatte das Gefühl, als war sie froh drum, etwas machen zu dürfen.
Zwischendrin hatten wir dann mal ganz was Neues.. Ich wollte ihr noch mal etwas Gutes tun und mich im dunkeln noch mal hingestellt um sie zu longieren. Zwei Runden Schritt waren auch drin, dann bei einem Seitenwechsel überkamen sie wohl irgendwelche Vollbluthormone und sie raste los wie eine Irre.. Nach zwei Runden blieb sie plötzlich total stockesteif stehen und starrte auf den Boden.. Ich hatte da schon so eine Vorahnung.. Nachdem ich sie dann noch mal antreten lassen hab, um zu sehen, ob sie lahmte nach dem Gebocke, fiel mir beim Abtasten auf, dass der ganze Rücken und die rechte Bauseite total nach oben gezogen und aufgebläht waren! Ich dachte noch bei mir "Der Blinddarm beim Pferd ist doch links, oder? Oh je.. Warum macht sie denn so einen Buckel?! Hatte sie den eben schon!? Nein.. da lief sie klar.. Oder doch? Vielleicht hat sie sich auch einfach nur versprungen.. schließlich war sie ja fast "kalt" gewesen.. Okay - was tun?! Noch mal anführen und kucken, ob sie lahmt. Mh.. nein eigentlich nicht. Sie läuft nur einfach total steif. Puh.. Nach einer Kolik sieht es nicht aus. Aber dazu habe ich damit zu wenig Erfahrung. Vielleicht ist der Blinddarm so voll gewesen und jetzt gerissen??" Tausend Gedanken wirbelten mir durch den Kopf. Also, Handy gezückt und den TA angerufen. Dann habe ich sie erst mal hoch geführt in den Stall, und fragte Clara nach ihrer Meinung: "Ja, die sieht total komisch aus!", sagte sie und ich deckte sie schnell wieder ein.
Kurze Zeit später kam dann der TA. Er tastete sie ab, drückte an ihr rum, schubbste sie und schaute, wie sie lief. "Die hat sich versprungen, hier ist es ganz heiß!" Man konnte tatsächlich einen Temperaturunterschied an der Lendenwirbelsäule feststellen.
Sie bekam dann eine entzündungshemmende Spritze und eine zur Entspannung und noch Traumeel in die Lendenregion. Antaris war wie immer total tapfer und hat sich nicht bewegt, als der TA gespritzt hat.
Als der TA wieder weg war, habe ich ihr noch zwei Kirschkernkissen heiß gemacht und unter die Decke geschoben. Ach, man hat ihr richtig angesehen, wie gut das tat!!
Nach einer Woche war der Spuk fast wieder vorbei und Akupunktur, Kirschkernkissen, leichte Bewegung und warmes Mash hatten sie fast wieder gesund gemacht.
Dann kam die Nachuntersuchung.. Das Einsteigen in den Hänger war wieder sehr nervenaufreibend und wir habens letztendlich nur geschafft, weil Dirk so schnell mit der Stange war. Sonst wäre sie wieder rausspaziert. Die Fahrt war gut, sie war äußerlich sehr ruhig. Da es ziemlich kalt war, schwitzte sie auch nicht viel, hat dafür aber total gezittert, als sie wieder in ihrer Iso-Box stand.
Am nächsten Morgen war ihre Gastroskopie und der Ultraschall für halb zehn angesetzt. Als ich um die Ecke bog und in Box zwei sah, stand da ein Brauner.. *Schock* Die ganzen Iso-Boxen waren voll mit Pferden, aber keinem kleinen Schimmel. Ich bin erst mal echt geschockt gewesen, habe mich dann aber aus meiner Schreckstarre lösen können und bin in den "offenen" Stalltrakt gegangen. Vorne links in einer riiiiiiesen Box stand meine kleine Anti ganz verloren und wieherte aufgeregt.
Da waren wohl ettliche Notfälle gekommen und sie brauchten ihre Box. Naja.. hier hatte sie wenigstens Sichtkontakt zu anderen Pferden.
Dann ging es um halb elf endlich los ab auf die Waage. Antaris hatte schon wieder abgenommen - 588kg..
Die Enttäuschung wurde noch vergrößert, als wir beim Ultraschall eine immer noch verdickte Darmwand vorfanden. Sie war zwar kleiner geworden, aber nur um 0,05 cm. Also fast nichts. Weiter gings dann mit der Talfahrt, als endlich das Endoskop im Magen war und wir genau die gleichen Magengeschwüre fanden, wie vor vier Wochen.. Dann erschreckte sich Antaris auch noch im Schlaf und machte einen riesen Satz nach vorne. Da sie ja "gefesselt" war im Stand, kam sie nicht weit, das Endoskop traf aber wohl eine Ader in der Nase und dann hat blutete sie erst mal wie Hölle..
Ein bißchen enttäuscht war scheinbar auch unsere Ärztin. Die einizig Positive Nachricht des Tages war der Albuminwert im Eiweiß. Der war um 50% der fehlenden Einheiten gestiegen.
Da die Wassereinlagerungen am Unterbauch ja damals auch auf die Cortisongaben reagiert hatten, wollten wir es noch einmal damit versuchen. Eine andere Möglichkeit hatten wir nicht. Schlug das Cortison nicht an, konnte wir ihr nicht helfen.
Um noch genauer abzuklären, ob es eine Darmentzündung war, hätten wir noch eine Darmbiopsie machen können. Aber dazu müsste Anti in eine liegende Narkose und man würde den Bauch aufschneiden. Wenn dann was auf dem Stückchen Darm gefunden werden würde, hätte ich zwar ein Ergebnis gehabt, aber auch nur das. Und dazu noch ein aufgeschnittenes Oma-Pferd. Hätten sie dort nichts gefunden, hätte es aber noch lange nicht geheißen, dass da auch nicht war.. Also - alles viel zu wage, um diesen Schritt zu gehen.
Man könnte auch ein Stückchen Darm aus dem Enddarm entnehmen, ohne große OP, allerdings könnte man dann auch die Wunde nicht verschließen und es könnte zu Blutungen kommen und der Bauchraum könnte verunreinigt werden. Auch das war keine Option für mich.
Sie bekam dann wieder Kortison. Diesmal länger und es schlug auch wieder an, denn die Wassereinlagerungen wurden kleiner. Zusätzlich bekam sie eiweißhaltiges Futter wie Sojaextraktionsschrot, Luzerne und über ihre Heucops Sojaöl. Außerdem mehr Rübenschnitzel, mittags statt Mash eine Portion Getreidefreies Müsli und viel viel Heu. Sie fraß auch sehr gut und wirkte wieder interessiert.
Ich klammerte mich zu diesem Zeitpunkt einfach an den gestiegenen Eiweißwert und hoffte, dass diese blöde Entzündung endlich ein bißchen mehr zurück gehen würde. Ich betete ganz ganz fest, dass das Cortison Besserung bringen und wir die Entzündung und dann auch die Magengeschwüre zurück drängen konnten..
Zusätzlich bekam Antaris noch eine Behandlung meiner Homöopathin, die sie mit diverse Homöopathische Sachen abdeckte und ich bekam eine Gehirnwäsche im schlimme Sachen vorstellen... "Antaris wird wieder gesund!", solle ich mir sagen. Sie habe doch deutlich zu genommen und wäre die Anti nicht die Anti, würde sie raten, das Pferd müsse mal 50kg abnehmen..
Um das Futter genau auf Antaris abzustimmen, habe ich bei iWEST eine Futtermittelberatung gemacht. Diese versicherten mir, dass es mit einer Futterumstellung, die an Antaris angepasst war, größere Chancen auf Heilung geben würde. Da ich schon von mehreren Seiten von dieser Firma um Frau Dr. med. vet. D. Mayer nur Positives gehört hatte, wollte ich es probieren.
Ich füllte also den langen Fragebogen aus, maß Futter- und Heumengen ihres momentanen Futterplans ab und schickte alle Infos, die ich sonst noch um ihre Krankheiten habe, wie Blutbilder, Diagnosen der Kinik und von Dr. Stoll an iWEST.
Wir ließen auch noch mal ein Blutbild machen, um den Eiweißwert zu kontrollieren, bekamen aber leider keine guten Neuigkeiten. Die Eiweißwerte waren noch weiter gesunken und jetzt so niedrig, wie die schlechtesten Werte am Anfang. Die Wassereinlagerungen waren auch groß und gingen einfach nicht zurück..
Das Ergebnis der Futtermittelberatung gab mir aber dann neuen Mut. Antaris bekam scheinbar über die Fütterung zu viel Eiweiß, was wiederum dazu führte, dass sie zu viel Energie aufgenommen werden musste (in Form von Heu), damit der Körper das Eiweiß überhaupt verwerten konnte. Davon hat sie unter anderem den aufgesagten Bauch.
Ich fütterte dann nur noch Mash, drei mal täglich, dazu Sojaschrot, Leinsamen und Trockenmöhren. Dazu bekam sie dann die empfohlenen Zusatzmittel Magnogard (zum Schutz der Magenschleimhaut) und Magnolythe L100 als hochdosiertes Vitamin- und Mineralfutter. Zur Entgiftung bekam sie außerdem einen Monat lang Magnozym.
Äußerlich war sie in gutem Zustand - trotz der schlechten Blutwerte. Sie schlief zwar viel, aber fraß ihre 10kg Heu nach wie vor auf uns stürzte sich gradezu auf ihr Mash. Das Kortison war jetzt auf jeden zweiten Tag reduziert. Die Wassereinlagerungen waren leider immer noch da, aber ich hatte das Gefühl, sie verteilten sich großflächiger und wurden dünner.
Spazieren konnte man mit ihr fast nicht mehr gehen. Sie war zwar am Anfang unwillig, kam man aber irgendwann auf den Heimweg, war sie kaum zu halten, bockte rum und wollte traben und galoppieren. Auch auf ihrem Auslauf legte sie manchmal explosionsartige Spurts ein. Ich ging jetzt nur noch mit Knotenhalfter und Longe spazieren, weil ich ihr damit mehr Platz geben konnte und mich selbst nicht gefährde. Außerdem konnte ich sie so auch mal um mich rum laufen lassen. Reiten konnte ich sie so leider nicht, da ich keinen Sattel umschnallen wollte und ohne Sattel hätte ich sicher bald unten gelegen.. Immerhin war ich auch schon seit viereinhalb Monaten nicht mehr geritten..
Dazu fällt mir noch der eine Spaziergang ein, der erst mal der letzte sein sollte.. Es fing an wie immer: Erst konnte ich sie nicht dazu bewegen, vom Stall wegzugehen und als es wieder Richtung Heimat ging, war sie garnicht zu halten.. Sie stieg (Antrags!) und bockte nach allen Regeln der Kunst, drückte mich in die Büsche gedrückt und ließ mich nicht mehr raus.. Dann walzte sie mich mehrfach fast platt gewalzt und trabte mit mir an der Longe schräg hinten an ihrer Seite schnaubender und tänzelnder Weise an Bettinas Pferdestall vorbei.. Auf dem Feldweg am Campingplatz gings dann wieder so, dass sie Schritt gehen konnte, aber selbst der war so schnell, dass sogar Mathilda wahrscheinlich hätte traben müssen..
Zu dem Zeitpunkt ging es schon wieder aufwärts und ich beschloss, den Sattler zu rufen, damit dieser den Sattel kontrollierte. Nur mit Sattel würde es evtl klappen, diese Zeitbombe zu reiten.. Ich kaufte mir sogar einen neuen Reithut und eine Schutzweste. Hätte mir das jemand früher erzählt, dass ich mir für Antaris in dem Alter noch eine Schutzweste kaufen wollte, ich hätte ihn ausgelacht..
Die Pferdewaage bescheinige und Ende März dann die 608 kg. Das waren im Vergleich zum letzten mal in der Pferdeklinik 20kg mehr! Das war der Kick, der mir für den Blick in die Zukunft gefehlt hatte! Jetzt würde es aufwärts gehen.
Unsere letzten Wochen zusammen
Antaris fing plötzlich an zu lahmen. Sie konnte kaum laufen und zog das ganze Bein hinterher. Mir fiel dann ein, dass wir von Rindill noch eine Schmerztablette übrig hatten und ich hab ihr davon eine halbe gegeben. Damit ging es ihr scheinbar auch Montags besser, denn mein Pa konnte nichts sehen. Also erst mal kein Tierarzt. Als ich aber Abends da war, stand sie wieder nur im Paddock, entlastete abwechselnd das eine und dann wieder das andere Hinterbein und mir war klar, dass sich das mal ein Tierarzt ansehen musste.
Das Bein war am Sprunggelenk und am Fesselgelenk total dick. Leider konnte die Tierärztin auch nicht wirklich etwas sagen. Es könnte ein Chip sein, da sie ja damals mal auf diese Seite gefallene war. Wir gaben also erst mal Schmerzmittel und erhöhten das Kortison.
Zwischenzeitlich wollte sie plötzlich ihr Mash nicht mehr. Von heute auf morgen. Aus lauter Verzweiflung habe ich ihr dann Gangolf angeboten, den sie auch sofort gut gefressen hat. Ihre Zusatzmittel bekam sie zwar nach wie vor, aber ihre Rundungen waren wieder da und auch der Hals war wieder schön.
Als Mathilda dann ausgezogen war, lebte sie auch noch mal auf. Sie durfte wieder mit Rindill auf die Koppel und wir weideten beide zusammen an. Ich habe mich so gefreut, dass es ihr besser ging. Auch wenn das mit dem Reiten nicht mehr geklappt hat, habe ich mich doch riesig gefreut, Rindill spazierend beim Reiten zu begleiten und sie sonst einfach faul und gesund auf der Koppel zu sehen. Auch mein Papa hatte das Gefühl, dass sie sich zusammen mit Rindill richtig gut fühlte.
Das Bein war allerdings weiter dick und warm und ich musste jeden Tag neue Heilerde drauf machen. Ihr Körper machte auch irgendwie eine merkwürdige Wandlung. Das Fell ging fetzenartig aus und das Hufhorn wuchs fast überhaupt nicht mehr. Ich kühlte die Beine ständig aber auch die Heilerde wollte nicht anschlagen. Die Hufe konnte ich schon garnicht mehr auskratzen und versuchte mit ach und krach, indem ich ihre Zehe auf meinen Fuß stellte, ein paar Steinchen heraus zu pulen. Später konnte sie die Füße dazu nicht mal mehr richtig entlasten..
Als die Heilerde fast leer war und sich nichts tat, versuchten wir es mit Enelbinpaste. Ich wickelte Tagelang die Beine in Bandagen, damit die Lymphe etwas mehr aus dem Bein gedrückt wurde, aber es passierte nichts. Die Beine wurden nicht dünner und ich konnte Lymphdrainagen machen und Traumeel spritzen, so viel ich wollte, alles half nicht. Es tat ihr zwar alles sehr gut, vor allem die Lymphmassage, aber geholfen hat alles nichts. Entzündungshemmer wollte ich noch nicht spritzen, da wir dann unter Umständen wieder eine Darmentzündung oder Magenprobleme riskiert hätten..
Durch die Enelbinsalbe wurde die Haut nach einiger Zeit so angegriffen, dass sie aufriss und sich am linken Röhrbein eine dicke Wunde bildete. Ich ließ die Salbe dann weg, worauf die Beine direkt wieder dicker wurden.
Zwischendurch mussten wir uns dann auch noch mit einem Missgeschick auseinander setzen. Eines Morgens fand ich folgendes vor: Eine vollkommen verstörte Anti die in der hintersten Ecke ihres Paddocks stand und sich scheinbar sehr darüber freute, dass ich endlich da war. Sie brummelte und lief gaanz außen an der Umzäunung einen weiten Bogen um ihre Box. Erst auf den zweiten Blick sah ich das Malheur.. Sie hatte die komplette Front ihrer Box auseinander getreten und dabei noch großes Glück gehabt! Die Bretter waren von außen angenagelt, deshalb hatte sie diese einfach von innen nach außen aus dem Holz treten können. Die Nägel, die dabei jetzt wild in der Gegend rum steckten, hatte sie nicht abbekommen. Mich traf fast der Schlag, als ich das sah und die Kampfspuren in der total zerwühlten Box registrierte. Das Netz war noch halb von Heu und es lagen nur zwei oder drei Haufen in der Box. Sofort ging ich zu Anti und streichelte sie und sprach mit ihr. Ich untersuchte ihren Körper, ob es Verletzungen gab, die ich verarzten musste. Glücklicherweise hatte sie überall noch ein paar Schrammen. Auch der Kopf war nicht verschont geblieben. Ich will mir garnicht vorstellen, was da passiert war.. Jedenfalls stand sie nun da - total in sich gekehrt - und wenn kurz ein bißchen Leben in sie zurück kehrte, dann lief sie planlos über das Paddock und stand dann wieder wie ausgeschaltet in einer Ecke. Ich habe es mir ja schon gedacht, als ich die Box gesehen habe. Antaris hatte die größte Verletzung an ihrer Psyche. Da die alte Narbe am rechten Bein ja von genau so etwas entstanden ist, gehe ich mal davon aus, dass sie sich vielleicht auch daran erinnert hat.
Ich habe dann erst mal Heu gefüttert und Antaris einen Haufen in den oberen Teil des großen Paddocks gelegt. Sie ist zwar dran gegangen, hat aber nur wenig gefressen und ist auch wieder im on/off-Modus durch das Paddock gestakst. Nachdem ich mir dann die Box noch mal genauer angesehen hatte, kam ich zu dem Schluss, dass sie sich wohl tatsächlich festgelegt haben musste. Allerdings konnte ich mir das WIE nicht erklären. Jedenfalls muss sie wohl länger gewütet haben, denn die ganze Einstreu war quer durch die Box geschoben, überall waren Kuhlen und Löcher und an der Stelle, an der die Wand gebrochen war, lag ebenfalls viel Einstreu, obwohl diese Stelle immer ohne Einstreu war, damit man dort Heu hinwerfen konnte.
Ich habe dann erst mal die Bandagen abgemacht und mir die Beine angesehen. Die Sehnen waren zu sehen und die Röhrbeine erstaunlich dünn. Wahrscheinlich, weil sie in der Nacht nach dem Unfall so viel in ihrem Paddock auf und ab gelaufen war - man konnte die Spuren noch deutlich sehen. Der ganze Sand war auf dem Pflaster verteilt.
Da ich weiß, wie Antaris auf so was reagiert und ich merkte, dass sie so schnell wie möglich weiter weg von dem Ort des Unfalls weg wollte, ließ ich sie und Rindill erst mal auf die Weide. Dort stand sie nun, während Rindill fraß und bewegte sich nicht. Ich sah im Notfallbuch nach, was dort unter "Schock" stand, fand aber nichts. Dann lief ich noch mal auf die Weide und stellte mich ein wenig zu ihr. Ich kratzte sie an ihren Lieblingsstellen am Po, am Hals und unter dem Bauch und sie entspannte sich ein bißchen. Das Kinn war aber nach wie vor eingezogen - ein deutliches Zeichen von Anspannung und Stress. Als ich dann etwas zur Seite trat, um sie mir noch mal im Ganzen an zusehen, kam sie wieder eng zu mir. Ich streichelte sie ein wenig (was sie ja sonst eigentlich garnicht mag) und ging wieder etwas beiseite, da ich sie nicht nerven wollte. Auch jetzt kam sie wieder zu mir. Das fand ich komisch und probierte es jetzt gezielt aus. Sobald ich mich bewegte und weg von ihr ging, lief sie wieder zu mir und blieb bei mir stehen. So ganz fit schien sie dann also nicht zu sein, wenn sie sogar die Nähe suchte!
Also blieb ich noch etwas bei ihr, sprach leise mit ihr und lief dann langsam mit ihr zum Grasstreifen, auf dem auch Rindill fraß. Dort rupfte ich ihr die Grasblüten ab und sie fraß sie. Scheinbar hatte das die Grasautomatik angeschaltet, denn sie fing jetzt - zwar lustlos und sehr langsam - an, Gras zu fressen. Ich entfernte mich wieder und diesmal blieb sie bei Rindill stehen.
Als ich den Rest des Tages immer mal nach ihr sah, stand sie die meiste Zeit einfach nur mitten auf der Koppel in der prallen Sonne, entlastete sogar manchmal nicht mal ein Bein und schlief oder starrte vor sich hin. Als sie nachmittags immer noch nicht wirklich viel gefressen hatte, rief ich den TA, weil ich mir langsam wirklich Sorgen machte. Als die TÄ dann eintraf, stand Anti grade wieder rum und bewegte sich nicht. Sie untersuchte sie und konnte GsD nichts feststellen, was auf einen Schock oder ähnliches hindeutete. "Die wird einfach nur total müde sein, wer weiß, wie lange die da lag!" So lange sie tränke und ab und an etwas aß, solle ich mir keine großen Sorgen machen und sie einfach nur genau beobachten.
Den ganzen Tag über hatte ich die Matratze von Mathilda rausgemacht, damit sie abends in ihrer alten Box schlafen konnte. Clara, deren Bruder und Dirk hatten mir super geholfen, denn sonst hätte ich es bestimmt nicht geschafft. Vier Stunden haben wir geschaufelt, Anhänger weggefahren, ausgeladen und wieder voll geschaufelt. Wir hatten Glück im Unglück, denn das Wetter war wie gemacht dafür. Es regnete nicht, der Boden war trocken und es schien die Sonne - jedoch war es nicht zu heiß. So konnte ich den Hänger schön über die Wiese fahren.
Abends habe ich dann die Einstreu aus der zerstörten Anti-Box in die alte Antibox geschaufelt und ihr das große Heunetz umgeschraubt. Jetzt konnte sie wieder in ihrer alten Box wohnen.
Die nächsten Tage stellte sich postwendend Durchfall ein und Antaris Bein schwoll wieder an. Die Wunde entzündete sich und ich rief noch einmal den TA. Alle waren sehr ratlos, was das denn sein könnte. Arthrose? Spat? Oder beides? Dazu würden aber die Schwellungen nicht passen. Also war Röntgen und Ultraschall angesagt. Bei beidem kam leider nichts zu tage. Alles in Ordnung. Da wir jetzt einfach alles ausprobieren mussten, entschied ich mich dafür, die Entzündungshemmer zu geben. Damit es nicht gleich wieder auf den Magen ging, bekam sie jetzt täglich wieder für 200kg Gastrogard. Magnogard von iWest hatte ich auch bestellt. Ich wollte kämpfen! So einfach wollte ich nicht aufgeben.
Zwei Tage später ging es ihr so gut, dass ich sogar eine kleine Runde Spazieren ging. Sie hatte scheinbar Lust am Laufen und ging flott vorwärts. An sich wirkte sie aber bei allem etwas matt.. Deshalb stellte ich das Spazieren gehen bald wieder ein. Plötzlich ging es ihr nach und nach rapide schlechter. Sie war stark eingefallen und krümmte den Rücken. Außerdem waren die Beine wahnsinnig dick. Die Röhrbeine waren so dick, dass sie fast so breit waren, wie der Huf. Das Laufen verteilte zwar die Lymphe etwas, aber mittlerweile konnte man ihr ansehen, dass sie Schmerzen hatte. Irgend etwas war da ganz und gar faul.. Der TA war der Meinung, dass die Schonhaltung durch die Schmerzen in den Hinterbeinen entstand. Sie versuchte, das Gewicht weg auf die Vorderbeine zu bringen, die sie deutlich unter den Bauch schob.
Ich rief nochmals die Tierheilpraktikerin und wir gaben ihr Naquadem zum Etwässern. Außerdem machte mich mein TA darauf aufmerksam ,dass man sich jetzt langsam in dem Alter damit anfreunden sollte, bei starken Schmerzen die Lebensqualität im Auge behalten zu müssen..
Sicherheitshalber machten wir noch ein Blutbild, dessen Ergebnis ich dann am 13.08. erhalten hatte. Es war ziemlich unauffällig, der Enzündungswert war ganz leicht erhöht. Ich dachte, dass wir mit der Akupunktur und der homöopathischen Behandlung doch noch etwas reißen könnten, aber es war zu spät.
Am nächsten Tag rief mich mein Vater morgens auf der Arbeit an, ich solle schnell nachhause kommen, Antaris wolle sich hinlegen. Wir dachten, sie hielte die Schmerzen in den Beinen nicht aus, und wolle ihnen so entgehen. Davor hatte ich mich seit Antaris Kauf gefürchtet. Natürlich nicht jeden Tag, aber ab und zu denkt man ja doch dran.. Vor allem, wenn die Tiere älter werden. "Komm heim, Deinem Pferd geht es sehr schlecht." ich bemühte mich, ruhig zu fahren und schaltete das Radio ein. Insgeheim wusste ich, dass heute der Tag war, aber noch schob ich den Gedanken weg.
Nachdem ich zuhause angekommen war, lief ich direkt auf die Weide. Antaris hatte sich wieder etwas beruhigt, aber lief viel hin und her. Ich rief sofort den Tierarzt, der ziemlich schnell kam. Diagnose: Kolik. KOLIK??? Sie bekam ein leichtes Schmerzmittel und wir machten noch mal einen Angussverband an den Hinterbeinen. Nach dem der TA weg war und sie ein paar Stunden Ruhe hatte, kolikte sie wieder. Diesmal heftiger. Ich rief sofort wieder den TA, aber als er ihren Kreislauf testete, überwies er uns sofort in die Klinik. Das war meine letzte Rettung. Die Klinikaufenthalte waren bisher erfolgreich gewesen. "Bitte - Gott", dachte ich, "hilf meinem Pferd doch!" Mit den schmerzenden Beinen fuhren wir sie also in die Klinik. Sie stieg erst nicht ein und ich musste sie wieder überzeugen. Im Nachhinein ist es furchtbar, wie schnell sie Abschied von zuhause nehmen musste. Alles war hektisch und sie war eiskalt und schwitze.
In der Klinik angekommen war sie total nass und tropfte in den Hänger. Wir führten sie direkt in den Intensivstalltrakt, wo die Ärztin sie sofort untersuchte. Antaris sollte in den Stand, damit sie Rektalisiert werden konnte. Aber sie wollte nicht. Wir mussten sie also ein weiteres Mal überreden und legten ihr zum Schluss ein Tuch über den Kopf. Damit konnten wir sie überzeugen und sie ließ sich in die entsprechende Richtung schieben.
Als alle Untersuchungen fertig waren, kam sie in die selbe Intensivbox, wie bei der schweren Kolik vor drei Jahren. Ich hoffte so auf ein gutes Omen. Sie bekam Infusionen und wurde überwacht.
Meine arme kleine Maus. Wie sie da stand.. Ganz hilflos, verschwitzt und zitternd. Mit ihren drei Schopfhaaren verklebt im Gesicht, von einem Bein aufs andere tretend und mit halb geschlossenen Augen vor sich hin starrend.. Ich glaube, sie hat garnichts mehr richtig registriert.. Ich würde ihr sooo sehr noch ein paar schöne Jahre auf der Koppel gönnen und einen schnellen Tod. Nicht dieses dahin leiden, Hänger fahren, in einer fremden Umgebung mit fremden Menschen...
Aber es sollte nicht sein. Am 14.08 gegen 23 Uhr haben wir sie wegen der Schweren Kolik und den immer schlechter werdenden Blutwerten in der Klinik eingeschläfert. Sie hat furchtbar geschwitzt und gezittert und auch auf Morphium nicht mehr angesprochen. Die Ärztin hat im Darm einen Verschluss gefühlt und der Kreislauf war kurz vor dem Zusammenbrechen. Es war das Einzige, dass ich noch für sie tun konnte.
Aber es war besser für sie. Ich wollte nicht dass sie leidet und weiter Schmerzen hat. Ich war bis zum Schluss dabei. Es ging ganz schnell.
Es war trotzdem ein sehr sehr schwerer Schritt und in mir gibt es jetzt ein großes Loch, das nie mehr gefüllt werden kann. Sie war mein erstes Pferd und sie war MEIN Pferd.
Ich bin so unendlich traurig und während ich das hier schreibe, fühlt es sich an, als sei es gestern gewesen. Ich werde sie so sehr vermissen.
Antaris Antaris Antaris. Der Name fühlt sich schon komisch an..
Ich möchte so viel in Erinnerung behalten, wie möglich. Darum der detailierte Text über die Zeit, die wir zusammen verbringen durften. Wie sie roch, habe ich schon vergessen, dabei habe ich so oft in ihrer Box gestanden und tief ihren Geruch eingesogen, damit ich ihn für immer bewahren kann. Leider hat das nicht funktioniert.
Wie fühlt sich ihr Fell an? Noch kann ich mich ein bisschen erinnern. "Wie, wenn man durch Mehl streicht", hat einmal ein blindes Mädchen gesagt, dass sie streichelte. Wie wahr.
Noch denke ich jeden Tag an sie. Sie ist bei mir, wenn ich aufstehe und bei mir, wenn ich schlafen gehe. Jeden Tag fährt sie mit mir im Auto und passt auf mich auf. Aber sie ist doch nicht da.
Mir kommt es vor, als würde mein kleines weißes Stoffpferdchen lächeln, das im Auto hängt. Hoffentlich geht es ihr gut, da wo sie jetzt ist. Ich kann nicht mehr auf sie aufpassen. Ich weiß nicht, wo sie hin ist.
Alle anderen Menschen, die mit ihr zu tun hatten, mochten Sie. Die Anteilnahme war groß und tat gut. Besonders habe ich mich aber vor Claras Reaktion gefürchtet. Sie bekam meine Nachricht als sms, in der Nacht, in der wir zur Klinik fuhren, um den letzten Schritt zu tun. Sie konnte sich nicht verabschieden..
Wie lange werde ich brauchen, bis ich begreife, dass ich sie nie mehr wieder sehen werde? Wie lange wird es dauern, bis ich ihre Fotos voll Freunde über unsere Zeit ansehen kann, wie alle es mir wünschen? Wie lange werde ich brauchen, um über ihr Verschwinden hinweg zu kommen? Werde ich sie sogar manchmal vergessen?
Ich glaube, das werde ich nie können.